Jürgen Lessner spricht im Namen Gottes und er hat eine Botschaft an den "Fürst der Finsternis": "Weiche von dieser Welt samt Deinen Dämonen!" Und der Fürst der Finsternis braucht wohl schnelle Turnschuhe, denn Lessner redet Tacheles: "Sonst spürst Du das Schwert Gottes." Das Schwert am vergangenen Freitag ist vorerst nur ein Mikrofon, in das brüllt Lessner gute zehn Minuten Losungen, gegen die die Offenbarung des Johannes wie Kinderliteratur klingt. Dass der Endkampf mit dem Satan am Linzer Hauptplatz beginnt, darüber staunen auch ein paar Dutzend Zuseher, die sich hier wöchentlich zu einem "Fest der Freiheit" versammeln. Die Sause ist ein wöchentlicher Treffpunkt von Verschwörungsplauderern, Antisemiten, Trump-Fans, Impfgegnern, 5G-Apokalyptikern und Maskengegnern.    

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Satanismus ist ein neues Genre im Corona-Leugner-Potpourri

Aufklärung über den Leibhaftigen samt ersten Gehübungen im Exorzismus, das ist ein neues Genre. Der charismatische Auftritt Lessners gefällt aber, das Auditorium gluckst hörbar zufrieden, während Lessner auf der Bühne auf den Höhepunkt eines Derwisches mit krankhafter Geschwätzigkeit zusteuert. Ein Moderator bedankt sich später für "diesen energetischen Beitrag". Lessner kennt die Hintergründe des Satanismus genau, er nennt Rudolf Anschober, Sebastian Kurz, Angela Merkel und die Rothschilds in einem Atemzug und klärt auf: Vor den dunklen Kräften dahinter sei man gewarnt. Das wären die Satanisten, "eine alte Gemeinschaft von dunklem Herrschern, Treiber des alten Baal- und Moloch-Kults." Seit Jahrzehnten, Jahrhunderten oder Jahrtausenden herrschten sie. Aber vermutlich ist das gar nicht so wichtig. Denn jetzt, beim "Fest für Linz", wird das Schwert endlich geschmiedet, mit dem man demnächst der Hure Babylon den Kopf abschlägt, oder zumindest dem kleinen Drachen Grisu. 

Symbolfoto. Satan ist nicht wirklich in Linz aufgetaucht.
Foto: AP Photo/Jens Meyer

"Außerparlamentarischer Untersuchungsausschuss" angekündigt  

Natürlich müssen im Widerstand gegen die vermeintliche Corona-Diktatur vorerst auch noch die weltlichen Ebenen bespielt werden. Lessner kündigt erfreut einen soeben etablierten "außerparlamentarischen Untersuchungsausschuss" an. Diesen Mumpitz gibt es in Deutschland bereits seit Monaten, der sei aber nur ein laues Lüfterl im Vergleich zu dem in Österreich geplanten Tribunal selbsternannter Richter. Unter ihnen ist der ehemalige Arzt Peer Eifler, der sich mit Gefälligkeitsattesten als Hero der Szene etabliert hat. In Österreich soll der Ausschuss direkt "Anklagen" gegen Verantwortliche des "Corona-Wahnsinns" erheben. Ob die Damen und Herren des Ausschusses dem Satan noch die Möglichkeit zur Anhörung geben, oder ob sie in seinem Fall gleich mit dem Bihänder zur Sache kommen, darüber wird wohl noch beraten in den Gremien.

Linzer Bürgermeister nimmt die Einladungen nicht an 

Andere Redner an dem Tag haben es nicht auf Luzifer abgesehen, sondern auf den Linzer Bürgermeister Klaus Luger. Eine Frau berichtet davon, dass sie Luger vergeblich zu der Veranstaltung eingeladen hat. Ein junger Mann betritt die Bühne mit einem Rübezahl-Stab und berichtet von seinem vergeblichen Bemühungen, beim Bürgermeister vorzusprechen. Er enthebt Luger und den Gemeinderat von der Bühne herab ihrer Aufgaben: "Euer Amt ist euch jetzt entzogen, ihr seid nichts mehr. Die Macht geht von uns aus. Schleicht's Euch aus Linz, so schaut es aus." Mit seinem Stock stampft er dabei fest auf den Boden. Die Dutzendschar vor der Bühne jubelt über das Ende der Ära Luger. 

Lessner nervt den Handel mit Fragen zur Maskenpflicht

Lessner ist bei den Kundgebungen in Linz seit Anfang an dabei, er hielt sich aber bis vor kurzem im Hintergrund. Er dokumentierte die Auftritte penibel in seinem Youtube-Kanal, sich selbst bezeichnete er sich bislang bescheiden als "Zettelmann". Auf seinem Blog "Neue Wahrheit" bietet er unzählige Flyer zum "Masken- und Impfwahnsinn" feil und macht Werbung für "Homeschooling". Die Webseite dokumentiert zudem unzählige Briefwechsel, mit denen Lessner so gut wie alle Handelsunternehmen des Landes in Sachen Maskenbefreiung nervt. Vermutlich sind die Unternehmen aber froh, dass der Exorzist im Supermarkt nur keine Maske tragen will, das Schwert aber zu Hause lässt. (Christian Kreil, 12.11.2020)      

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