Er glaubt daran, aber hat Trump tatsächlich noch Chancen?

Foto: AFP/BRENDAN SMIALOWSKI

Bis zu Joe Bidens geplanter Amtsübernahme als US-Präsident am 20. Jänner werden noch mehr als zwei Monate vergehen. Bis dahin kann viel passieren – und wenn es nach dem amtierenden Präsidenten Donald Trump geht, werden bis dahin noch die Gerichte einschreiten, um Bidens Einzug ins Weiße Haus zu verhindern.

Das Nationale Komitee der Republikaner hat dafür Insidern zufolge mindestens 60 Millionen Dollar gesammelt. Aus dem Kleingedruckten geht allerdings hervor, dass gut die Hälfte davon erst einmal zur Abdeckung der Schulden aus dem Wahlkampf genutzt werden soll.

Schon gehört? Was Biden jetzt erwartet.

Neuauszählung und Klagen

Trump und seine Republikaner haben in mehreren Bundesstaaten mit knappen Ergebnissen Klagen angestrengt und wollen dort eine Neuauszählung der Stimmen fordern. Bidens Vorsprung in umkämpften Staaten ist teils ziemlich gering. Falls Bidens Wahlsieg an einem knappen Ergebnis in nur einem Bundesstaat hinge oder an zwei kleinen Staaten, gäbe es für Trump womöglich noch eine Chance.

Ein Urteil zu seinen Gunsten zur Zulassung mancher Stimmen oder zur Rechtmäßigkeit von Fristen und Vorgehensweisen der Stimmabgabe könnte das Ergebnis in einem sehr knappen Bundesstaat wie Georgia theoretisch noch kippen. Gleiches gilt für eine mancherorts geforderte Neuauszählung der Stimmen. Noch sind aber immer noch Georgia, North Carolina und Arizona offen (Stand Samstag, 20 Uhr MEZ). Und Alaska, aber das ist eine sichere Bank für Trump.

Sollte also das Ergebnis in Pennsylvania und in einem der anderen Staaten gecancelt werden, könnte das Gesamtergebnis noch umgedreht werden. Dafür sind die Chancen aber sehr gering. Zudem haben Neuauszählungen in der Vergangenheit in aller Regel nur Marginales am Resultat geändert – und der Betrugsverdacht, den Trump schürt, basiert auf keinerlei Fakten, die ein Gericht bewerten könnte.

Klagen über Klagen

Und der Klagsweg? "Ich gehe nicht davon aus, dass Klagen erfolgreich sein wird", sagt der Politikwissenschafter Reinhard Heinisch zu möglichen Klagen Trumps gegen den Wahlausgang in den umkämpften Bundesstaaten. Das gelte insbesondere dann, wenn Biden neben Pennsylvania auch andere Staaten gewinnt. Denn während die Lage in Arizona, Georgia und Nevada "relativ klar" sei, gebe es in Pennsylvania mit den zu spät eingelangten Briefwahlstimmen einen möglichen Anfechtungsgrund. "Wenn Biden in allen drei Staaten (Pennsylvania, Arizona und Georgia, Anm.) gewinnt, sind die Chancen einer Anfechtung gering", sagte Heinisch.

Jedenfalls seien aber noch die Neuauszählungen (Recounts) abzuwarten. Die würden vor allem dazu dienen, die Betrugsvorwürfe zu prüfen, weil unter den Augen von Demokraten und Republikanern alle Stimmen noch einmal gezählt werden. Die Behörden in Georgia und Arizona sind republikanisch kontrolliert. Die Wahl ist jedenfalls neutral durchgeführt worden.

Und wenn ein Fall vor dem konservativ geprägten Supreme Court landet? Einige Klagen rund um die Wahl waren schon vor der Abstimmung bei den Richtern gelandet, dabei ging es zumeist um recht technische Fragen. Ein Streitthema war zum Beispiel die Frage, ob eine Frist zur Annahme von Stimmzetteln von einem Gericht geändert werden kann oder nur vom Parlament des betroffenen Bundesstaats. Bei den Entscheidungen der Richter ließ sich in der Summe keine klare parteiliche Tendenz erkennen. (red, 7.11.2020)