Hier, in einer Moschee in Wien-Ottakring, soll sich der Täter radikalisiert haben.

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Wien/Berlin/Zürich – Der Wiener Attentäter war offenbar gut im deutschsprachigen Raum vernetzt. Zumindest hatte er Kontakt zu Gleichgesinnten in Deutschland und der Schweiz, die sich alle im Juli in Wien getroffen haben. Die Zusammenkunft fand unmittelbar vor der Fahrt des Terroristen in die Slowakei statt, wo er erfolglos versucht hatte, Munition für sein Sturmgewehr zu kaufen, wie das Innenministerium bestätigt.

Das Jihadistentreffen im Juli in Wien stand nach Hinweisen aus Deutschland unter Beobachtung des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Bisher war nur vom Besuch von zwei Deutschen die Rede, nun wurde bekannt, dass auch zwei Schweizer aus dem Kanton Zürich, 18 und 24 Jahre alt, die nach dem Anschlag in Wien in der Schweiz festgenommen wurden, dabei waren. Laut Schweizer Medien waren sie zwischen 16. und 20. Juli in Wien. Den Berichten zufolge könnte der Attentäter seinerseits auch in die Schweiz gereist sein.

In Deutschland fanden nach dem Terroranschlag in Wien Hausdurchsuchungen bei fünf jungen Männern statt, zwei davon sind jene, die in Wien waren. Das Innenministerium bestätigte, dass die deutschen und schweizerischen Jihadisten gleichzeitig in Wien waren.

Zwei weitere Männer in U-Haft

Im Zusammenhang mit dem Terroranschlag in der Innenstadt hat das Landesgericht für Strafsachen über zwei weitere Männer U-Haft verhängt. Es handelt sich um Verdächtige im Alter von 21 und 23 Jahren, die dem Umfeld des Attentäters angehört haben dürften.

Damit sind inzwischen zehn Männer im Alter zwischen 16 und 24 Jahren in U-Haft. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob die Verdächtigen in Vorbereitungshandlungen des 20-jährigen Attentäters verwickelt oder eingeweiht waren. Sie dürften ihn jedenfalls gekannt haben, zumindest einige von ihnen teilten die islamistische Gesinnung des IS-Sympathisanten.

Reise Richtung Syrien

Unter den in U-Haft Genommenen befindet sich ein 22-Jähriger, der den Attentäter im Herbst 2018 auf einer Reise Richtung Syrien begleitet hatte, wo sich beide der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) anschließen wollten. Sie wurden in der Türkei aufgegriffen, inhaftiert, nach mehreren Monaten nach Österreich zurückgeschickt und im April 2019 in Wien wegen terroristischer Vereinigung verurteilt.

Ein weiterer U-Häftling – ein 18-Jähriger – soll den Attentäter und dessen Reisebegleiter im Jahr 2018 bestärkt haben, sich dem IS anzuschließen. Der damals 16-Jährige soll deren Reisepläne zumindest mir Worten unterstützt haben. Aufgrund dessen war zum Zeitpunkt des Anschlags gegen den 18-Jährigen ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren anhängig.

Raab verteidigt Innenministerium

Nachdem Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) selbst in den letzten Tagen Ermittlungspannen im Zusammenhang mit dem Anschlag eingestand, hat ihn Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) am Sonntag in der "ZiB 2" verteidigt. Sie habe vollstes Vertrauen und lobte auch die aus ihrer Sicht besonders rasche Reaktion auf den Anschlag, indem bereits innerhalb von 24 Stunden 16 Festnahmen erfolgt seien. Als Grund, warum zwei Moscheen, in denen sich der Täter radikalisiert haben soll, erst jetzt geschlossen wurden, obwohl zumindest eine der beiden schon seit Jahren für ihre Ideologie bekannt ist, sagte Raab, es brauche für eine Moscheeschließung entsprechende Ermittlungsergebnisse, weil es um die Religionsfreiheit gehe.

Auf die Frage, ob denn die Schließungen auch vor Gericht halten werden, sagte Raab, die Schließungen seien die logische Konsequenz aus den Ereignissen gewesen: "Sollte der Rechtsstaat das nicht so sehen, dann habe ich dafür kein Verständnis." (APA, red, 8.11.2020)