Das Bully wurde zuletzt selten ausgeführt, weil das Virus den Sport in den Hintergrund gedrängt hat.

Imago/Peter Schatz

Dieser Winter ist eine Herausforderung für die Gesellschaft und so auch für den Sport, insbesondere für Teamsportarten wie Eishockey. Dabei macht nicht einmal der Lockdown den Profieishacklern zu schaffen, sondern das grassierende Virus an sich. Obwohl die Eisarbeit als Spitzensport auch während des Lockdowns erlaubt ist, wurde der Spielbetrieb in der höchsten Spielklasse wegen zahlreicher positiver Corona-Fälle bei den Vereinen bereits am 25. Oktober auf Eis gelegt und erst am Sonntag wiederaufgenommen.

Der adaptierte Spielplan in der ICE Hockey League sieht ein sehr intensives und ambitioniertes Programm bis eine Woche vor Weihnachten vor. Die Vienna Capitals starten am 15. November mit dem Heimspiel gegen die Dornbirn Bulldogs und werden dabei in Gedenken an die Anschlagsopfer mit "Wien bleibt stark"-Dressen auflaufen.

Die Caps beklagten zuletzt mehrere mit Covid-19 infizierte Spieler. General Manager Franz Kalla: "Wir konnten keine wettbewerbsfähige Mannschaft aufs Eis bringen." Nun kommen aber von Tag zu Tag Spieler aus der Quarantäne oder freiwilliger Isolation zurück. Immerhin berichteten die Vereine weitestgehend von milden Krankheitsverläufen. Dennoch ist zu befürchten, dass es künftig manche Teams härter als andere treffen wird. Der sportliche Wert der Liga kann unter diesen Umständen hinterfragt werden. Prinzipiell gehe es aber darum, dass überhaupt Eishockey gespielt wird, sagt Kalla.

Quelle versiegt

Dass nun die Zuschauer als wesentliche Einnahmequelle komplett wegfallen, ist für viele Vereine existenzbedrohend. Auch die Caps sind bei einem Zuschauerschnitt von rund 5000 "sehr angewiesen auf diese Einnahmen", wie es Kalla formuliert. Der Manager geht aber davon aus, dass die Politik helfen wird. "Eine Meisterschaft ohne Zuschauereinnahmen oder einen adäquaten Ersatz ist im Fußball und im Eishockey nicht möglich", sagt er.

Nach dem Meisterschaftsabbruch just in der heißen und lukrativen Playoff-Phase im März habe man eine Entschädigungszahlung, wenn auch erst im September, erhalten.

Die Caps haben aber bereits im Sommer reagiert und abgespeckt. Heißt: Den Kader bilden weniger Legionäre und mehr junge Talente. "Wir haben insgesamt 21 Österreicher und sieben Importspieler. Ein Großteil sind Eigenbauspieler", sagt Kalla. Die Krise hat somit einen positiven Nebeneffekt. "Die Situation ist nicht einfach, man kann sie nicht schönreden, aber in einer Krise gibt es immer auch Chancen."

Teufelskreis bei den Frauen

Abspecken ist bei den Frauen nicht nötig, zumal ohnehin ein Auslangen mit sehr geringen Mitteln gefunden werden muss. Spiele der Elite Women’s Hockey League (EWHL) laufen nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit ab. Auch vor Corona kamen kaum Zuseher.

Christian Benedek, Obmann von den EHV Sabres Wien, ortet ein generelles Problem bei Frauensportarten in Österreich. "Es ist ein Teufelskreis: keine Medien, keine Zuschauer, kein TV, keine Einnahmen. Seit Jahren versuchen wir, das zu durchbrechen, aber es gelingt irgendwie nicht." Immerhin komme man dank der Sponsoren relativ gut über die Runden.

Benedek muss kein Prophet sein, um zu erahnen, dass die Saison "mühsam wird". In der Frauen-Amateurliga mit Profistatus hat es bisher noch nicht viele Spiele gegeben. "Ich bin nicht sehr optimistisch, dass wir die Liga heuer regulär über die Bühne bringen können. Es ist ziemlich herausfordernd für alle", sagt der Obmann des mit sechs EWHL-Triumphen und 16 Meistertiteln erfolgreichsten österreichischen Frauenvereins, der die Heimspiele wie auch die Caps in der Erste-Bank-Arena in Kagran austrägt. Wegen zweier positiver Fälle und weil ohnehin ein Länderspiel in Ungarn (abgesagt!) geplant gewesen wäre, haben die EHV Sabres Wien sicherheitshalber den Trainingsbetrieb bis 10. November eingestellt. Wegen Corona wurde zuletzt auch das Match gegen KMH Budapest abgesagt.

Die Vienna Capitals spielen am 15. November gegen die Dornbirn Bulldogs.
Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Spielbetrieb eingestellt

Generell abgeblasen wurden in dieser Saison die Wiener Amateurligen und so auch die Eisner Auto Regional League, in der die WEV Lions engagiert sind. Stattdessen spielen die Lions mit nur drei weiteren Vereinen in der niederösterreichischen Landesliga, sofern nicht gerade Maßnahmen der Regierung dies verunmöglichen.

Trainiert wurde in der dritthöchsten Leistungsstufe je nach Möglichkeit. Lions-Obmann Michael Vorlaufer bedauert, dass durch die Corona-Auflagen nur begrenzt Eiszeiten verfügbar waren. Konnte man im Herbst normal trainieren, so musste man sich im Frühjahr mit einem Notprogramm begnügen. "Wir haben mit einem Meter Abstand am Eis trainiert, es gab keine Übungen mit Zweikampf, reine Bewegungstherapie."

Somit geriet auch die Talenteschmiede ins Stocken. Allein acht Akteure aus dem aktuellen Capitals-Kader haben Lions-Vergangenheit, etwa Bernhard Starkbaum, Mario Fischer oder Rafael Rotter. Vorlaufer: "Das erste Opfer der Verordnungen ist die Gastronomie – und dann kommt der Sport. Es trifft die, bei denen am wenigsten passiert." Er befürchtet Folgeschäden. Amateursportvereine könnten den Betrieb einstellen, Sponsoren verschwinden. Der Fonds für Non-Profit-Organisationen sei "eine gute Sache, aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein". Vorlaufer vermisst eine reelle Unterstützung für die klammen Vereine.

Für Hobbyteams, die zuletzt etwa beim Wiener Eislaufverein in einer kleinen Halle und auch draußen unter Einhaltung der Corona-Maßnahmen dem Puck hinterherrennen konnten, herrscht seit dem Lockdown Stillstand. Immerhin darf der Publikumseislauf auf der 6000 Quadratmeter großen Freifläche fortgeführt werden, weil Eislaufen Einzelsport ist. (Thomas Hirner, 9.11.2020)