Joe Biden und Angela Merkel kennen einander noch aus der Zeit, als Biden US-Vizepräsident war. 2013 war dieser in Berlin zu Gast.

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Angela Merkel war eisern geblieben, bis zum Schluss. Keine Empfehlung für die US-Wahl, so lautete die Devise der deutschen Kanzlerin. Aber es wusste ohnehin ein jeder, auf wessen Sieg sie hoffte. Als die Nachricht dann kam, ging es schnell in Berlin. Merkels Sprecher, Steffen Seibert, twitterte folgende Stellungnahme der Kanzlerin: "Herzlichen Glückwunsch! Die amerikanischen Bürgerinnen und Bürger haben entschieden. Joe Biden wird der 46. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Ich wünsche ihm von Herzen Glück und Erfolg und gratuliere ebenso Kamala Harris, der gewählten ersten Vizepräsidentin ihres Landes." Sie "freue sich" auf die Zusammenarbeit mit Biden, ließ Merkel noch wissen und betonte, dass die transatlantische Freundschaft "unersetzlich" sei.

Das sind wesentlich freundlichere Worte als Merkel vor vier Jahren, beim Sieg von Donald Trump geäußert hatte. Damals hatte sie zwar pflichtgemäß gratuliert, aber darauf hingewiesen, dass es zwischen den USA und Deutschland bislang eine gemeinsame Wertebasis gegeben hatte. Dabei nannte sie ausdrücklich "Demokratie, Freiheit, den Respekt vor dem Recht und der Würde des Menschen unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder politischer Einstellung". Merkel ist auch deshalb erleichtert, weil sie ja bei der Vereidigung Bidens am 20. Jänner 2021 bereits in ihrem letzten Amtsjahr sein wird und dann auch Deutschland nicht mehr die EU-Präsidentschaft inne hat.

Hoffnung auf neue Gemeinsamkeit

Auch der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wandte sich rasch an Joe Biden und betonte: "Mit Ihrer Präsidentschaft verbinden sich die Hoffnungen unzähliger Menschen, weit über die Grenzen Ihres Landes hinaus, auch in Deutschland." Es sei "die Hoffnung auf eine neue Gemeinsamkeit. Es ist die Hoffnung auf Verlässlichkeit, Vernunft und die beharrliche Arbeit an Lösungen in einer unruhigen Welt".

Die schnellen deutschen Reaktionen erfolgten im Einklang mit Brüssel, man wollte den irrlichternden Aussagen Trumps vom Wahlbetrug ein klares Statement entgegensetzen. Die Spitzen der Bundesregierung hoffen, dass Biden bald nach Europa und auch nach Deutschland kommt. Trump war kein einziges Mal bei Merkel in Berlin zu Besuch, sie jedoch reiste zu ihm nach Washington.

Natürlich weiß man in der deutschen Hauptstadt, dass nicht alles mit einem Sieg Bidens in Butter ist. Auch der neue Präsident wird Deutschland drängen, seine Ausgaben in der Nato zu erhöhen, und steht der Pipeline Nord Stream 2, die russisches Gas von Russland durch die Ostsee nach Deutschland und Europa bringen soll, sehr skeptisch gegenüber. Aber dass Biden den unter Trump erfolgten Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen wieder rückgängig machen will, sorgt für Erleichterung – auch bei der SPD, den Grünen, der FDP und den Linken.

"Nicht mein Präsident"

Sehr schnell hat übrigens auch Friedrich Merz gratuliert. Der Kandidat für den CDU-Vorsitz, der 2021 auch Kanzler werden möchte, twitterte:

"Die Welt atmet auf. Mit Ihnen gibt es eine Chance, dass Europa und Amerika wieder besser zusammenarbeiten und gemeinsam für Frieden und Freiheit auf der Welt einstehen." Das hat in Berlin für gewisse Belustigung gesorgt, denn Merz hatte – noch während die Stimmen in den USA ausgezählt wurden erklärt: "Trump und ich – wir kämen schon klar."

Die einzige Partei, die nicht uneingeschränkt erfreut ist, ist die AfD. Zwar heißt es in einer Mitteilung der Bundestagsfraktion pflichtgemäß: "Wir wünschen dem künftigen Präsidenten der Vereinigten Staaten, Joe Biden, alles Gute für die vor ihm liegenden Aufgaben in seinem wichtigen Amt." Doch man erwähnt auch: "Wir akzeptieren die demokratisch zustande gekommene Entscheidung der amerikanischen Bürger und sind zuversichtlich, dass mögliche Unregelmäßigkeiten bei den Auszählungen schnell auf rechtsstaatlichem Weg geklärt werden."

Für Heiterkeit sorgte die Reaktion auf einen Tweet des AfD-Bundestagsabgeordneten Johannes Huber. "Biden ist nicht mein Präsident" twittert er, worauf die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" antwortete: "Lieber Johannes Huber, richtig. Ihr Präsident ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Beste Grüße." (Birgit Baumann aus Berlin, 8.11.2020)