Die Ära Trump ist vorbei, doch die Gefahr, dass neue Demagogen mit geschickteren Plänen aufkreuzen, bleibt akut.

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Die Amerikaner betrachten sich gern als nüchterne, sachliche, praktisch orientierte Leute. Das hält sie nicht davon ab, Demagogen auf den Leim zu gehen – wie etwa Joe McCarthy, dem ersten landesweit erfolgreichen Volksverführer. Von 1950 bis 1954 schaffte es der ehrenwerte Senator aus Wisconsin, die Furcht vor einer kommunistischen Infiltration der USA so anzuheizen, dass die Präsidenten Truman und Eisenhower keine Aktion mehr setzen konnten, ohne zuvor darüber nachzudenken, was McCarthy sagen würde.

Mad und bad

Von seinen Gegnern wurde McCarthy gern als neuer Hitler bezeichnet; ein Vergleich, den sein Biograf Richard Rovere für unsinnig hielt: "Hitler hatte einen Plan für tausend Jahre. McCarthy hatte nicht einmal einen Plan für den kommenden Morgen."

Dasselbe wird man von Donald Trump behaupten dürfen. Ungeachtet seiner schamlosen Gerissenheit war Trump im Wesen ein emotionsgetriebener, planloser Konfusnik. Mit der Bestimmung des Mischungsverhältnisses von mad und bad, von Wahnwitz und Bösartigkeit in seinem Charakter, werden Historiker noch jahrelang zu tun haben.

Gewichener Trump-Alb

Fürs Erste ist der Trump-Alb gewichen. Das ist allein deshalb gut, weil es dem Herrschaftsmodell des Brutalpopulismus weltweit einen Dämpfer versetzt. Doch die Gefahr, dass neue Demagogen mit vielleicht geschickteren, internetunterstützten Plänen aufkreuzen, bleibt auch nach den Trump-Jahren akut. (Christoph Winder, 9.11.2020)