Bild nicht mehr verfügbar.

Vom erster Tag seiner Präsidentschaft an will Joe Biden die Corona-Pandemie bekämpfen.

Foto: AP Photo/Elaine Thompson, File

Nicht nur Donald Trump leugnet seine Niederlage, auch viele seiner Fans weigern sich, Joe Bidens Sieg anzuerkennen.

Foto: Catherine TRIOMPHE / AFP

Washington – Selbst wenn seine Tage als Präsident gezählt sein dürften, setzt Amtsinhaber Donald Trump noch einmal zu einer Personalrochade an. Er hat am Montag Verteidigungsminister Mark Esper entlassen. Sein Nachfolger wird Christopher Miller, der Direktor des National Counterterrorism Center, der nationalen Antiterror-Zentrale. Esper sei gekündigt ("terminated") worden, schrieb Trump auf seinem bevorzugten Kommunikationskanal Twitter. Miller werde mit sofortiger Wirkung den Posten des Pentagon-Chefs kommissarisch übernehmen.

Trump nannte keinen Grund für seine Entscheidung. Seit seinem Amtsantritt im Jänner 2017 hat der US-Präsident hunderte Spitzenbeamte der US-Regierung gefeuert. Auch das Pentagon bekam mehrmals eine neue Führung.

Die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, hat die Entlassung von Esper als Zeichen dafür gewertet, dass Trump in den letzten Wochen seiner Amtszeit "Chaos säen" wolle. Die Demokratin verwies auf Berichte, denen zufolge Trumps Schritt Vergeltung für Espers Weigerung gewesen sei, das Militär bei Unruhen im Inland einzusetzen. Diese Berichte bezeichnete Pelosi am Montag als "besorgniserregend". "Am beunruhigendsten ist jedoch, dass der Zeitpunkt dieser Entlassung ernsthafte Fragen zu Trumps geplanten Maßnahmen für die letzten Tage seiner Amtszeit aufwirft", sagte die Oppositionspolitikerin.

Biden geht an die Arbeit

Auch wenn sich Trump weiterhin weigert, seine Niederlage bei der US-Präsidentenwahl am 3. November einzugestehen, geht Wahlsieger Joe Biden bereits beherzt ans Werk. "Ab dem ersten Tag bereit" – das verspricht die neue Webseite des President-elect. Der Demokrat will deshalb schon am Montag einen Expertenrat zur Eindämmung der Corona-Pandemie vorstellen. Sein Ziel ist, schon am Tag seiner Amtseinführung am 20. Jänner einen Aktionsplan zur Überwindung der Krise in die Wege zu leiten.

"Ich will, dass es jeder weiß: Wir werden unseren Plan, das Virus unter Kontrolle zu bringen, an unserem ersten Tag in Kraft setzen", sagte Biden am Samstagabend in seiner Siegesrede in seinem Heimatort Wilmington.

Drei Personen an Spitze

Der Expertenrat soll drei Personen an der Spitze bekommen, erklärte Bidens Sprecherin Kate Bedingfield am Sonntag auf NBC News. Er soll von Vivek Murthy, David Kessler und Marcella Nunez-Smith geleitet werden. Murthy war von 2014 bis 2017 oberster Gesundheitsbeamter der US-Regierung, Kessler leitete früher die Lebens- und Arzneimittelbehörde FDA. Sie hätten seit März in der Pandemie beraten, sagte Bedingfield. Nunez-Smith ist Ärztin und forscht an der Universität Yale zur Ungleichbehandlung im Gesundheitswesen.

Dem Rat angehören wird auch Rick Bright, ein Whistleblower aus der Trump-Regierung. Laut Bright wurden seine Warnungen in Sachen Virus ignoriert und führten schließlich zu seiner Entlassung.

Die Pandemie ist in den USA – einem Land mit rund 330 Millionen Einwohnern – weiter völlig außer Kontrolle. Zuletzt meldeten die Behörden im Schnitt 100.000 Neuinfektionen pro Tag. Nach Zählung der Nachrichtenagentur Reuters durchbrachen die USA als erste Nation die Marke von insgesamt zehn Millionen Infektionen.

Eine Million Fälle in zehn Tagen

Allein in den vergangenen zehn Tagen verzeichneten die USA rund eine Million Fälle, die höchste Infektionsrate seit dem ersten Corona-Fall im Bundesstaat Washington. Mehr als 237.000 US-Amerikaner sind an Covid-19 gestorben. Auch in Trumps Regierung breitet sich das Virus wieder aus: Trump war ja bereits Anfang Oktober an Covid-19 erkrankt. Am Wochenende war bekannt geworden, dass Mark Meadows, der Stabschef im Weißen Haus, positiv getestet wurde, am Montag auch Wohnbauminister Ben Carson.

Biden wirft Trump im Zusammenhang mit der Pandemie völliges Versagen vor und macht ihn für den Tod tausender Amerikaner verantwortlich. US-Medien berichteten, dass Bidens Team bereits eine Reihe von Verfügungen zu anderen Politikbereichen plane, die der Präsident im Jänner umgehend nach seiner Vereidigung unterschreiben wolle. Unter anderem soll er manche von Trumps strikten Einwanderungsregeln kippen wollen – darunter den Einreisebann für mehrheitlich muslimische Länder – und die Rückkehr in das internationale Klimaschutzabkommen von Paris veranlassen wollen, wie die "New York Times" berichtete.

Außerdem sollen Regierungsmitarbeiter wieder das Recht für die Bildung von Gewerkschaften bekommen, zudem will er gegen Wohnungslosigkeit vorgehen.

Brief für Übergang fehlt

Nun berichtet auch noch die "Washington Post", dass sich offenbar ein Mitarbeiter der Trump-Regierung weigert, dem Team um Biden einen notwendigen Brief zu unterzeichnen. Dieses Schriftstück der General Services Administration (Behörde, die für bundesstaatliche Gebäude zuständig ist) bräuchte es aber, damit der gewählte Präsident seine Arbeit während der Übergangsphase beginnen kann.

Denn mit den Papieren erhält der künftige Präsident Zugang zu Millionen Dollar, aber auch zu Regierungsbeamten, Büroräumen und Equipment, das den Übergangsteams des Gewinners zusteht, die von den Steuerzahlern bezahlt werden. Der Brief kommt einer formalen Erklärung der US-Regierung über den Sieger der Präsidentenwahl gleich.

Noch vier Bundesstaaten offen

Währenddessen sind noch nicht alle Wahlleutestimmen vergeben. Auszählungen finden noch in mehreren Bundesstaaten statt, laut CNN lässt sich in vier von ihnen noch kein Gewinner festlegen. In Arizona (elf Wahlleute) wurden bisher 98 Prozent der Stimmen ausgezählt, Biden liegt dort rund 17.000 Stimmen vor Trump. In Georgia (15 Wahlleute) sind rund 99 Prozent ausgezählt, es führt Biden mit etwas mehr als 10.000 Stimmen vor Trump.

North Carolina (15 Wahlleute) dürfte an Trump gehen, er führt bei einem Auszählungsgrad von 98 Prozent um etwas mehr als 75.000 Stimmen. Der Bundesstaat Alaska (drei Wahlleute) wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ebenfalls an Trump gehen. (red, 9.11.2020)