Das Weltraumteleskop Kepler hat unser Wissen über Exoplaneten revolutioniert. Mithilfe des 2009 gestarteten Teleskops der US-Weltraumbehörde Nasa konnten bereits mehr als 2800 Planeten außerhalb des Sonnensystems aufgespürt werden. Auch zwei Jahre nach dem Ende der Mission geben ihre Daten laufend wertvolle Informationen preis. Ein Forscherteam wagt nun auf Basis der Kepler-Beobachtungen eine beeindruckende Schätzung: Allein in der Milchstraße könnte es fast 300 Millionen erdähnliche Planeten geben.

Illustration des Exoplaneten Kepler-1649c, der unserer Erde zumindest in Größe und Masse sehr ähnlich ist und flüssiges Wasser beherbergen könnte.
Illustration: NASA/Ames Research Center/Daniel Rutter

Als die Planung der Kepler-Mission in den 1980er-Jahren begann, war noch kein einziger Exoplanet bekannt – inzwischen ist die Entdeckung von Welten, die um ferne Sterne kreisen, fast schon alltäglich geworden. Besonderes Interesse gilt darunter jenen, die erdähnliche Bedingungen aufweisen: Gesteinsplaneten in annähernder Erdgröße und in einer Entfernung zu ihrem Stern gelegen, die theoretisch Wasser auf ihrer Oberfläche zulässt. Forscher sprechen von "Habitabilität".

Verräterischer Transit

Genau darauf war Kepler spezialisiert. In der ersten Missionsphase von 2009 bis 2013 zeichnete das Teleskop den Helligkeitsverlauf von mehr als 100.000 Sternen auf. Nach technischen Problemen ließ sich das Teleskop dann nur eingeschränkt nutzen, konnte bis zum Missionsende 2018 aber dennoch mehr als 100.000 weitere Sterne beobachten.

Wissenschafter suchen in diesen Daten nach periodischen Helligkeitsschwankungen, die unbekannte Planeten enttarnen: Jedes Mal, wenn ein Exoplanet auf seiner Umlaufbahn von der Erde aus gesehen vor seinem Stern vorüberzieht, verdunkelt er ihn leicht. Aus diesen Daten können Astronomen nicht nur die Existenz von Planeten nachweisen, sondern auch einige Informationen über diese Welten gewinnen: Radius, Masse und Distanz zum Stern.

Seit November 2018 ist das Kepler-Weltraumteleskop nicht mehr in Betrieb. Die Beobachtungsdaten der neunjährigen Mission werden Forscher aber noch lange beschäftigen.
Illustration: Nasa

Konservative Rechnung: 280 Millionen Welten

Von den mindestens 100 Milliarden Sternen in der Milchstraße dürften etwa vier Milliarden sonnenähnlich sein. Forscher extrapolierten bereits in der Vergangenheit aus dem reichhaltigen Fundus der Kepler-Daten, dass es dort Milliarden von Exoplaneten geben muss. Ein Team um Steve Bryson vom Ames Research Center der Nasa in Moffett Field legte nun die bisher umfangreichste Hochrechnung vor, wie viele Welten davon potenziell bewohnbar sein könnten.

In ihrer Studie im "Astronomical Journal" kommen die Wissenschafter zum Schluss, dass konservativ gerechnet sieben Prozent der sonnenähnlichen Sterne habitable Exoplaneten beherbergen könnten – das wären 280 Millionen Planeten. Nach Angaben der Forscher könnten es aber sogar weitaus mehr sein. "Kepler hat uns bereits gezeigt, dass es Milliarden von Planeten gibt, aber jetzt wissen wir auch, dass ein beachtlicher Teil davon habitabel sein könnte", sagte Bryson.

Dieser Wert sei längst nicht endgültig, und die Möglichkeit für Wasser auf der Oberfläche anderer Planeten sei nur einer von vielen Faktoren, die einen Planeten lebensfreundlich machen würden, so Bryson. "Aber das Ergebnis verdeutlicht, wie viel wir allein durch einen kurzen Blick aus unserem Sonnensystem entdecken konnten." Für weitere Nachschau ist gesorgt: Mit dem Weltraumteleskop Tess hat die Nasa längst einen würdigen Kepler-Nachfolger im All. Für die genauere Erforschung bereits bekannter Exoplaneten schickte die Europäische Weltraumorganisation (Esa) Ende des Vorjahres das Weltraumteleskop Cheops los, das ebenfalls bereits Ergebnisse liefert. (dare, 10.11.2020)