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Noch gibt es ihn nicht, Pläne aber schon: den Corona-Impfstoff.

Foto: AP / University of Maryland School of Medicine

"Wir warten alle sehnlich auf den Impfstoff" – das erklärte Thomas Mertens, der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko) in Deutschland, am Montagvormittag. Kurz darauf teilten das Mainzer Unternehmen Biontech und der US-Pharmakonzern Pfizer mit, ihr Impfstoff biete einen mehr als 90-prozentigen Schutz vor der Krankheit Covid-19. Schwere Nebenwirkungen seien nicht registriert worden, man wolle ab kommender Woche die Zulassung bei der US-Arzneimittelbehörde FDA beantragen.

Noch gibt es den Impfstoff nicht, aber in Deutschland liegen die Pläne, wer dann wie mit dem absehbar nicht für alle ausreichenden Mittel geimpft werden soll, bereits auf dem Tisch. Die deutsche Regierung steht dabei im Austausch mit der Stiko, mit der Wissenschaftsakademie Leopoldina und mit der Ethikkommission, und Bundeskanzlerin Angela Merkel hat angekündigt, dass bei einer Impfung "ganz vorn natürlich Pflegekräfte, Ärzte und auch Menschen, die zu einer Risikogruppe gehören", seien.

Das bedeutet Vorrang für Ältere, Menschen mit Vorerkrankungen und Personen, die in "Bereichen der Daseinsvorsorge" Schlüsselfunktionen innehaben – wie es in den Empfehlungen heißt. Dazu zählen Ärzte, Pfleger, Beschäftigte bei der Polizei, in Gesundheitsämtern oder an Schulen. "Wir müssen das so machen, dass am Ende der größte Nutzen für die ganze Bevölkerung dabei herauskommt", sagt Stiko-Chef Mertens.

40 Prozent der Bevölkerung Risikogruppe

Angesichts der Gruppen, die Priorität haben, sagte Merkel aber auch: "Das sind dann allerdings schon recht viele in unserem Land." Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zählt bis zu 40 Prozent der Menschen in Deutschland zur Risikogruppe. "Bei uns sind 23 Millionen Deutsche über 60, wir sind ein Wohlstandsland mit Zivilisationskrankheiten: Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht." Das seien "alles Risikofaktoren für dieses Virus".

Den Impfstoff soll in Deutschland der Bund beschaffen und bezahlen, die Länder werden insgesamt 60 Impfzentren einrichten. Bei der Verteilung der Dosen wird die Bundeswehr helfen. Merkel sowie die Wissenschafter betonen allerdings, dass es keine Impfpflicht geben wird. Die Kanzlerin betont, wenn 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung immun seien – durch Impfung oder durchgestandene Krankheit –, sei Corona "mehr oder weniger besiegt". Dann, so Merkel, "können wir auch alle Einschränkungen aufheben".

Entsetzen nach Corona-Demo

Für heftige Diskussionen sorgt eine Demonstration gegen die Corona-Politik der deutschen Regierung, die am Wochenende in Leipzig stattgefunden hat. Mitten in der Innenstadt demonstrierten 20.000 Menschen, 90 Prozent von ihnen trugen nach Polizeiangaben keine Masken. Es kam nach Auflösung der Demo zu Ausschreitungen, und nun schieben sich die Verantwortlichen gegenseitig die Schuld zu.

Leipzigs Polizeipräsident Torsten Schulze sprach von "großem Druck" auf die Polizisten. Es habe sich die Frage der Verhältnismäßigkeit der Mittel gestellt: "Gewalt einzusetzen war für uns nicht angezeigt", so Schulze. Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) kritisiert den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) in Bautzen, der die Demo erst ermöglicht hatte: "Es ist unverantwortlich, eine solche Versammlung in Zeiten der Corona-Pandemie in der Leipziger Innenstadt zuzulassen." Die Stadt Leipzig hatte die Demonstranten aufs Messegelände schicken wollen, diese hatten sich aber dagegen erfolgreich juristisch gewehrt. (Birgit Baumann aus Berlin, 9.11.2020)