Die Vorgänge im Heeresgeschichtlichen Museum im Wiener Arsenal beschäftigen auch Medienrichter.

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Wien – Ende Oktober veröffentlichte der Rechnungshof seinen Prüfbericht mit geharnischter Kritik am Heeresgeschichtlichen Museum (HGM). Bereits ein Jahr vorher prangerte Manfred Haidinger von der FPÖ-nahen "Bundesheergewerkschaft" in einer Presseaussendung Fehlverhalten von HGM-Direktor Mario Christian Ortner an. Das wollte der nicht auf sich sitzen lassen und klagte die Arbeitnehmervertretungsorganisation medienrechtlich. Richter Stefan Romstorfer darf sich nun mit der Causa befassen.

Wobei – "darf" ist vielleicht das falsche Wort, "muss" trifft es eher, denn vor dem Saal warten zwölf Zeugen aus dem HGM und dessen Umfeld, die mit ihrer Aussage zur Wahrheitsfindung beitragen könnten. Das Verfahren verspricht also mindestens eine, eher zwei Stunden lang zu dauern.

Vergleichsgespräche über Mittelsmänner

"Gab es Vergleichsgespräche?", will Richter Romstorfer daher von den Streitparteien wissen. Thomas Preisinger, Anwalt von Museumschef Ortner, und Susanne Binder-Novak, Rechtsvertreterin von Gewerkschafter Haidinger, können nur berichten, dass offenbar via Dritte Gespräche geführt wurden, sie selbst aber nicht involviert gewesen seien.

Offen für eine gütliche Einigung sind aber beide Seiten. Es geht vor allem um einen Satz in der Presseaussendung: "Seit Jahren ist im Ressort unter anderem bekannt, dass Dir. Ortner bei einem eigenen Verlag seine Bücher, die er in der Dienstzeit verfasst und für die er auch Ressourcen des HGM in Anspruch nimmt, Tantiemen kassiert." Aus Sicht des Direktors impliziert dieser Vorwurf Amtsmissbrauch von seiner Seite.

Ungewöhnliches Angebot

Sein Anwalt Preisinger macht aber ein ungewöhnliches Vergleichsangebot: Man will keine Gegendarstellung, man will nicht, dass die Presseaussendung aus dem Veröffentlichungskanal im Internet entfernt wird – man will lediglich im Prozessprotokoll festgehalten haben, dass die Bundesheergewerkschaft diese Aussendung zurücknimmt. Zusätzlich wünscht sich Ortner 1.000 Euro Entschädigung.

Haidinger und seine Anwältin zieren sich zunächst. Der Gewerkschafter fürchtet, auf den bisherigen Anwaltskosten sitzen zu bleiben. "Na ja, wenn wir jetzt mindestens eine Stunde verhandeln, ist es auch nicht günstig. Und wenn Sie verlieren, müssen Sie alles begleichen. Mir ist es egal, ich muss es eh nicht zahlen, und ich habe auch Zeit", gibt der Richter zu bedenken.

Infos aus dem Wahlkampf

Im Laufe der Gespräche wird deutlich, dass beide Seiten eigentlich gar kein Interesse an dem Prozess haben. Haidinger betont, er habe nie beabsichtigt, Ortner Amtsmissbrauch zu unterstellen. Er habe lediglich wiedergegeben, was er im Personalvertretungswahlkampf intern erfahren habe. Auch Ortner sagt: "Wir wollen das einfach vom Tisch haben."

Wo die Front verläuft, ist also nicht ganz klar, Haidinger betont, als Gewerkschafter dem Direktor nichts Böses zu wollen. Wie verwirrend die ganze Sache ist, zeigt auch ein anderes Detail. Die Parteimeinung der FPÖ hat sich innerhalb eines Jahres offenbar um 180 Grad gedreht – denn als im heurigen Oktober der Grünen-Parlamentsklub ebenso in einer Presseaussendung die Forderung nach einer Suspendierung Ortners erhob, reagierten die Blauen ganz anders. "Die hysterische Forderung der Grünen nach Suspendierung des Chefs des Heeresgeschichtlichen Museums ist strikt abzulehnen", formulierte es FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Bösch.

Vor Richter Romstorfer einigen sich schlussendlich beide Seiten auf einen Vergleich, der HGM-Direktor verzichtet dafür sogar auf eine finanzielle Entschädigung. Als der Richter die Zeugen in den Saal bittet und fragt, ob jemand eine Zeitbestätigung für seine Anwesenheit brauche, winkt Ortner ab: "Das sind meine Angestellten", erklärt er. (Michael Möseneder, 10.11.2020)