Aufgrund der Corona-Pandemie gibt es für die wachsende Zahl an Arbeitslosen immer weniger Stellen. Die älteren Semester unter den Erwerbslosen haben noch geringere Chancen.

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Frage: Der Winter kommt, und damit wird sich die angespannte Arbeitsmarktlage zusätzlich verschärfen. Mit welchem Szenario rechnet die Regierung?

Antwort: Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) erwartet einen Anstieg auf eine halbe Million Menschen ohne Erwerbsarbeit. Im Oktober waren rund 424.000 Menschen arbeitslos gemeldet. Diese Zahl dürfte kräftig steigen, denn die Baustellen werden je nach Wetterlage erst gegen Weihnachten eingemottet, es kommen also tausende Arbeitslose dazu. Die Corona-Infektionslage samt zweitem Lockdown verschärften die Situation, die krisenbedingte Arbeitslosigkeit werde im November und Dezember um 20.000 auf 90.000 steigen. Lassen sich die Covid-19-Infektionen nicht stabilisieren und senken, drohe ein Horrorszenario, weil dann die Saison-Arbeitsplätze im Wintertourismus auch noch wegfielen.

Frage: Wie hoch wird die Arbeitslosenquote prognostiziert?

Antwort: Das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo geht für heuer von 9,9 Prozent aus und 2021 nur von einer leichten Erholung auf 9,7 Prozent – um 1,7 Prozentpunkte mehr als im Vor-Corona-Oktober 2019. Wifo-Chef Christoph Badelt sorgt sich insbesondere um Langzeitarbeitslose über 50. Deren Anzahl sei auch während der allgemeinen Erholung des Arbeitsmarkts im Sommer "immer oben geblieben".

Frage: Vor diesem Hintergrund scheint es vernünftig, Langzeitarbeitslose im Contact-Tracing einzusetzen, also bei der Kontaktverfolgung von Covid-19-Infizierten oder im Besuchermanagement in Alters- und Pflegeeinrichtungen.

Antwort: Ja, damit könnte man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Erstens kommen Erwerbslose in Lohn und Brot und zweitens kann das über weite Strecken außer Kontrolle geratene Contact-Tracing wieder auf Spur gebracht werden. Allerdings ist die Idee nicht neu. Wien beispielsweise hat einen Bedarf von rund tausend Mitarbeitern erhoben und seit dem Frühjahr an die 350 Mitarbeiter aufgenommen – nicht nur für Contact-Tracing, sondern insbesondere für administrative Tätigkeiten im Gesundheitsbereich (von der Ausfertigung von Bescheiden bis zur Mitteilung von Testergebnissen etc.). Der Andrang war enorm, an die 2.000 Personen hätten sich gemeldet, sagt ein Sprecher von Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ).

Frage: Fast alle Bundesländer haben beim Arbeitsmarktservice (AMS) Bedarf an Unterstützung bei der Suche nach Contact-Tracers angemeldet, ihnen bietet die Arbeitsministerin nun Lohnsubventionen aus der Eingliederungsbeihilfe (Kombilohn, Neustartbonus etc.) für die Anstellung von älteren Langzeitarbeitslosen. Nur Wien und das Burgenland haben laut Aschbacher keinen Bedarf angemeldet, warum?

Antwort: Weil das Arbeitskräfteangebot ausreichend sei, betont man in der Wiener Stadtverwaltung, man benötige deshalb beim Recruiting die Unterstützung des AMS nicht. Anders die Situation in Tirol: Da werden 30 vorgemerkte Arbeitslose, speziell aus peripheren Bezirken vermittelt. In Vorarlberg waren es bisher fünf, weitere rund 20 Stellen sind geplant. Salzburg ließ sich laut AMS 46 Arbeitslose vermitteln, Kärnten nahm 45 Administrativbedienstete für Gesundheitsämter auf. Bezirkshauptmannschaften und Magistrate in Oberösterreich haben Bedarf an 54 Personen angemeldet. Die Steiermark hat bereits 25 aufgenommen und sucht ab Dezember bis zu 300 Assistenzkräfte für das Besuchermanagement in Heimen.

Frage: Für welche Tätigkeiten wird Personal gesucht bzw. welche Qualifikationen sind gefragt?

Antwort: Die Anforderungen sind in den Bundesländern sehr unterschiedlich. Bevorzugt werden jedoch Personen mit Kenntnissen in Büro- und Verwaltungstätigkeiten gesucht, denn es geht um das genaue Erfassen von Daten und Schreibkompetenzen bei möglichst kurzem Einschulungsbedarf. Auch juristisches Fachpersonal wird händeringend gesucht, und die Ausfertigung und der Versand von Bescheiden ließe sich mit mehr Personal beschleunigen.

Frage: Wie viel Geld steht beim AMS für Eingliederungshilfen von älteren Personengruppen oder von Personen mit besonderen Bedürfnissen zur Verfügung, und warum fließt dieses an öffentliche Stellen statt an Unternehmen?

Antwort: Nicht nur, teils sind es Sozialunternehmen wie das Rote Kreuz. Laut Arbeitsministerin wurden heuer bereits rund 116 Millionen Euro für AMS-Eingliederungshilfen aufgewendet. Dieses Geld darf nur für über 50-jährige Langzeitarbeitslose verwendet werden. Deren Arbeitskosten werden dem Arbeitgeber bis zu zwei Drittel und befristet refundiert. Da während des Lockdowns im Frühjahr kaum Personal vermittelt wurde, sei noch Geld übrig, das jetzt in den Kampf gegen Corona fließe, heißt es beim AMS. (Luise Ungerboeck, 10.11.2020)