Es ist schon eine Zeit her, dass die gesetzlichen Kündigungsbestimmungen von Arbeitern an jene der Angestellten angeglichen wurden, nämlich fast drei Jahre. Damals wurde § 1159 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) geändert, wobei die Änderung erst am 1. Jänner 2021 in Kraft tritt. Ordentliche Unternehmer haben die Zeit genutzt und ihre Arbeiterverträge entsprechend angepasst. Das war nötig, um – statt nur zum Quartalsende – zum 15. und Monatsletzten kündigen zu können. Häufig wurden dabei die neuen Kündigungsfristen im Arbeitsvertrag wiedergegeben. Auch einige Kollektivverträge haben die neue Rechtslage längst in ihrem Text abgebildet.

Verschiebung bis 30. Juni 2021 möglich

Am Mittwoch behandelt der Ausschuss für Arbeit und Soziales im Parlament einen brisanten selbstständigen Antrag: Einerseits soll die Sonderbetreuungszeit ausgedehnt und verlängert werden – was angesichts der Covid-19-Infektionszahlen zum jetzigen Zeitpunkt nachvollziehbar ist. Andererseits soll dabei aber auch die schon längst beschlossene Änderung des § 1159 ABGB um ein halbes Jahr verschoben werden. Die neuen Bestimmungen gelten dann für Kündigungen, die ab dem 1. Juli 2021 (statt 1. Jänner 2021) ausgesprochen werden.

In der Begründung heißt es lapidar: "Mit der vorgeschlagenen Änderung (…) wird in Folge der COVID-19 Krisensituation und der dazu getroffenen gesetzlichen Maßnahmen vorgesehen, dass die (…) Angleichung der Kündigungsfristen der Arbeiter an jene der Angestellten um ein halbes Jahr verschoben wird (…)."

Was zunächst erfreulich für Arbeitgeber klingt, ist es bei näherer Betrachtung nur für einen Teil von ihnen.

Die neuen Kündigungsfristen hätten ab Jänner 2021 gelten sollen.
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Rechtsunsicherheit bei adaptierten Verträge

Wer nämlich seine Hausaufgaben gemacht hat, steht nun mit modernisierten Verträgen da, die nicht recht passen. Die dort für die Zeit ab 1. Jänner 2021 wiedergegebenen Kündigungsfristen und -termine sind nun anders als die Gesetzeslage – nämlich besser für die Arbeiter. Gilt also der Vertrag oder die Novelle der Novelle, wenn solche Arbeitgeber im ersten Halbjahr 2021 einen Arbeiter kündigen? Ähnliche Fragen stellen sich im Zusammenhang mit ebenso bereits adaptierten Kollektivverträgen. Letztlich wird es auf die Interpretation des Vertrages ankommen, mit allen Unwägbarkeiten, die Interpretationen so mit sich bringen.

Freilich spricht die Genese des § 1159 ABGB und der modernisierten Verträge dafür, dass kein Arbeitgeber freiwillig die neuen Kündigungsbestimmungen vorgesehen hat, sondern nur in der berechtigten Erwartung, dass ein schon vor Jahren beschlossenes Gesetz dann auch wirklich am 1. Jänner 2021 in Kraft tritt. Nicht mehr zu entkräften ist dieses Argument, wenn man sich explizit auf das BGBl I 153/2017 "in der jeweiligen Fassung" berufen hat.

Unerwünschte Nebenwirkungen

Dennoch: Wer sich auf keine Streitereien einlassen will, könnte durchaus die Gunst der Stunde nutzen und sich in den nächsten Wochen – solange es noch rasch und legal möglich ist – von Arbeitern trennen, die nicht unbedingt benötigt werden oder nicht zur Zufriedenheit arbeiten. Soweit dem keine Kurzarbeit entgegensteht.

Entspannt bleiben können selbst bei neuerlicher Änderung der Rechtslage jene, die knappe Arbeitsverträge verwenden und dort nichts Besonderes zur Kündigung vereinbart haben – für sie ändert sich vorläufig nichts. Vor dem 1. Juli sollten sie aber wenigstens die Kündbarkeit zum 15. und Monatsletzten vereinbaren, denn sonst gibt es für sie dann – so es nicht zu einer neuerlichen Änderung kommt – nur mehr Quartalskündigungen.

Enttäuschte Arbeiter

Fehlt noch die Sicht auf die Arbeiter: Ihre Erwartungen werden durch die Gesetzesänderung herb enttäuscht. Wer sich darauf gefreut hat, dass sein Arbeitsverhältnis demnächst endlich rechtssicher wird, muss weiter hoffen, dass er oder sie nicht bis zur nächsten Jahresmitte mit zum Teil extrem kurzen Fristen (täglich, wöchentlich) den Job verliert. (Krisitna Silberbauer, 10.11.2020)