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Der PLO-Generalsekretär Saeb Erekat ist am Dienstag verstorben, nachdem bei ihm Anfang Oktober eine Coronavirus-Infektion diagnostiziert wurde.

Foto: Reuters/Mohamad Torokman

Jerusalem/Ramallah – Der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Saeb Erekat, ist tot. Das teilte die Fatah-Partei am Dienstag mit. Der 65-Jährige war wegen schwerer Atemprobleme nach einer Corona-Erkrankung Mitte Oktober nach Jerusalem ins Hadassah-Krankenhaus gebracht worden. Seither hatten Ärzte um das Leben des ehemaligen Unterhändlers bei Friedensgesprächen gekämpft.

Bereits Anfang Oktober wurde Erekat positiv auf das Coronavirus getestet. Nach einer Verschlechterung seines Zustands war er in Vollnarkose versetzt und künstlich beatmet worden. Nach Angaben der Ärzte war die Behandlung besonders schwierig, weil Erekats Immunsystem seit einer Lungentransplantation in den USA vor drei Jahren unterdrückt war. Dazu seien die Corona-Erkrankung und eine bakterielle Infektion gekommen. Erekat galt als enger Vertrauter des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas. Wohl kaum jemand bei den Palästinensern hatte mehr Erfahrung mit Nahost-Friedensgesprächen.

Der promovierte Politikwissenschafter war seit Mitte der 1990er-Jahre Chefunterhändler bei den Verhandlungen mit Israel. Seit 2014 liegen die Gespräche allerdings brach. Menschen aus seiner näheren Umgebung beschrieben Erekat als intelligent und effektiv. Zugleich galt er als harter Verhandlungspartner, der loyal die Vorgaben seiner politischen Führung umsetzte.

Gefolgsmann von Arafat

Der Politiker wurde 1955 in einem Vorort von Jerusalem geboren. Er entstammt einer großen und weitverzweigten Familie, die wegen ihres Wohlstands zur palästinensischen Oberschicht gerechnet wird. Anfangs war er ein enger Gefolgsmann des 2004 gestorbenen PLO-Vorsitzenden Yasser Arafat. Als ihn Abbas 2015 zum PLO-Generalsekretär beförderte, sahen ihn manche schon als künftigen Vorsitzenden.

Erekat sprach zwar kein Hebräisch, aber fließend Englisch. In Gesprächen mit westlichen Fernsehstationen erklärte er pointiert die Sichtweise der Palästinenser. Er studierte unter anderem in San Francisco und im britischen Bradford. Dort erlangte er einen Doktortitel in Friedens- und Konfliktstudien. In Großbritannien sei ihm auch erstmals klar geworden, dass der Nahost-Konflikt nicht mit Gewalt, sondern nur durch Verhandlungen gelöst werden könne, sagte er später. Nach seiner Rückkehr in die palästinensischen Gebiete wurde Erekat Professor für Politikwissenschaft an der Universität in Nablus. Nebenbei arbeitete er als Journalist.

Erekat: Trumps Frieden ist "Betrug des Jahrhunderts"

Als Konsequenz der Annexionspläne Israels im Westjordanland hatte Abbas Mitte Mai die Aufhebung aller Vereinbarungen mit Israel und den USA erklärt. Israel hat die Pläne im Gegenzug für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten zwar auf Eis gelegt, baut seine Siedlungen im Westjordanland aber weiter aus.

Erekat hatte sich für eine Zweistaatenlösung eingesetzt und den israelischen Siedlungsausbau stets scharf als Friedenshindernis kritisiert. Den im Jänner veröffentlichten Nahostplan von US-Präsident Donald Trump wies er als "Betrug des Jahrhunderts" und einseitig proisraelische Initiative zurück.

Er kritisierte auch die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und zwei Golfstaaten, weil die Vereinbarungen ohne Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts getroffen worden waren. Dass zuletzt israelische Ärzte um sein Leben kämpften, löste in Israel Proteste in rechten Kreisen aus. Erekat hinterlässt eine Frau und vier Kinder. (APA, 10.11.2020)