Konservierte Lebensfreude: Linsen und Bohnen mit Ente, Fisolen fürs Lamm, Felsenfischsuppe und anderes Krisenfutter.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Die Maison Barthouil in Peyrehorade, eine seit 1929 an den Ufern der Adour im Baskenland gelegene Lebensmittelwerkstatt, genießt in Frankreich mythischen Ruf. Was Jacques Barthouil und seine Töchter Guillemette und Pauline da an geräuchertem Wildlachs (zum Teil tatsächlich noch aus dem Fluss vor der Haustür!), an Fischeiern, Terrinen und, natürlich, an Foie gras aus ethisch vorbildlichen, regionalen Quellen fabrizieren, wird von Sterneköchen und nachhaltigen Genießern im Mutterland des guten Essens geradezu kultisch verehrt.

Dass es diese Delikatessen jetzt auch nach Wien schaffen, ist Gerald König zu verdanken, der in der Servitengasse seit ein paar Jahren ein Delikatessengeschäft der Extraklasse führt. Und auch noch zu fairen Preisen – dabei war das in Wien doch gar nicht erlaubt? Längst rekrutiert er seine Kundschaft nicht mehr nur bei französischen Expats.

Was der mit einer Französin verheiratete König da an Austern, Rohmilchkäsen, an Cornichons, Salzbuttern und Desserts, an Weinen und Würsten, in der Saison auch regelmäßig an atemberaubend fleischigen Artischocken aus der Normandie auf Lager hat, ist einfach zu gut, um es nur jenen zu überlassen, die derlei schon mit der Muttermilch aufgesogen haben.

Es werde Schmalz

Mit dem Lockdown bekommt der Besuch hier noch einmal eine eigene Dringlichkeit. Schließlich fertigt Barthouil nicht nur Luxuslebensmittel, sondern auch klassisch südwestfranzösische Gemüsekonserven im Glas. Genau diese Sachen lässt sich König natürlich auch schicken, wenn die regelmäßige Palette aus dem Schlaraffenland am Fuße der Pyrenäen ansteht.

Linsen zum Beispiel oder Bohnen. Klassisch südwestfranzösisch bedeutet in diesem Zusammenhang, dass den Leguminosen außer den üblichen Aromaten (Wurzelwerk, Thymian, Lorbeer) auch ordentlich Entenfett und sogar ein bisserl Fleisch mit auf den Weg gegeben wird.

Die Basken, Landeser und anderen Südwestfranzosen sind schließlich bekannt dafür, dass sie sich selbst das Spiegelei zum Frühstück (gilt hier als Relikt jahrhundertelanger Angelsachsenbeherrschung) in Entenschmalz herausbraten.

Das liegt auch daran, dass sie dort im eigenen Fett eingemachte Enten und Gansln mit einer Selbstverständlichkeit in der Speis stehen haben wie unsereins Staubzucker oder Semmelbrösel. Nennt sich Confit, gibt es natürlich auch in der Servitengasse und erweist sich als extrem Lockdown-verträglich.

Zum Beispiel, um gemeinsam mit den – außerordentlich guten – Linsen unter den Grill geschoben zu werden, damit die zarten Entenbiegel vor dem Verzehr entsprechend Knusper ansetzen. Man fühlt sich ganz wunderbar erdenschwer nach so einem Mahl (und der passenden Flasche möglichst kraftvollen, tanninbetonten Rotweins) und akzeptiert die verordnete Bewegungsunmöglichkeit als willkommene Ausrede, ins Sofa zu plumpsen.

Felsenfische

Es gibt aber auch ganz andere Sachen. Das große Glas von der "Soupe de poisson de Roche" zum Beispiel, einer klassisch passierten südfranzösischen Fischsuppe aus Felsenfischen und Krustentieren, unheimlich duftig und gehaltvoll. Was man sich nicht vergeben darf: Baguettescheiben in Olivenöl zu rösten und diese, mit unvernünftig viel Gruyère vulgo Emmentaler beschneit, mit in den Teller zu geben.

Den Wildlachs von Barthouil, ob aus der Adour (unleistbar, schnief!), aus Schottland, der Ostsee oder aus Norwegen, holt König wieder zu Weihnachten und auf Bestellung ins Land. Eine Idee von der Rauchkompetenz und dem Qualitätsfetischismus dieses Unternehmens sollte man sich aber nicht entgehen lassen, wenn man schon dabei ist, sich die Konservenregale des Haushaltsschranks bei König aufzufüllen.

Das "Cœur de Saumon" vom Zuchtlachs (aber nicht irgendeinem!), das König auch für alle Tage bereithält: Solch majestätischen Schmelz, solch saubere Geilheit vermag diese Delikatesse sonst nirgends auszuspielen. (Severin Corti, RONDO Exklusiv, 13.11.2020)

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