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Es ist auch der Republikanischen Partei schön langsam klar, dass Donald Trump im Jänner aus dem Weißen Haus ausziehen muss.

Foto: REUTERS/Tom Brenner

Als Mitch McConnell zum ersten Mal in den US-Senat gewählt wurde, war Ronald Reagan gerade für eine zweite Amtszeit bestätigt worden. In Moskau war Michail Gorbatschow noch nicht an der Macht, vom Fall der Berliner Mauer wagten nur die kühnsten Optimisten zu träumen.

36 Jahre später ist der Veteran aus Kentucky nicht nur unangefochtene Nummer eins im Senat: Er wird auch der zentrale Gegenspieler des Präsidenten Joe Biden sein. Vorläufig aber lautet die spannendste Frage, ob und wann McConnell dem abgewählten Präsidenten signalisiert, dass er sich bei der Anfechtung des Wahlergebnisses auf seine Partei nicht mehr verlassen kann.

Trump hat Rechte

Dass Donald Trumps familiäre Berater zum Aufgeben raten, ist ein Gerücht. Insider glauben erfahren zu haben, dass Jared Kushner geduldig versucht, seinen Schwiegervater zum Rückzug zu überreden. Was daran stimmt und was nicht, wissen nur die unmittelbar Beteiligten, und die schweigen. Daher sind alle Blicke auf McConnell gerichtet. Der aber will Trump Zeit lassen.

Der amtierende Präsident habe zu hundert Prozent das Recht, eventuelle Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe prüfen zu lassen, sagte der 78-Jährige am Montagabend. Noch habe kein einziger Bundesstaat die Ergebnisse bestätigt. Kommentare der Medien hätten keine Vetomacht über die Rechte der Bürger, eingeschlossen die des Präsidenten. Im Übrigen habe sich Al Gore im Jahr 2000 ebenfalls sämtlicher juristischer Mittel bedient, ehe er seine Niederlage eingestand.

Der Vergleich ist interessant, denn McConnell scheint damit einen Zeitrahmen abzustecken. Damals war in Florida eine Neuauszählung erforderlich. Gore und George W. Bush mobilisierten ihre Anwälte, die sich wochenlang harte Duelle lieferten, bis der Oberste Gerichtshof entschied – und Gore dem de facto juristisch ermittelten Sieger gratulierte. Seine "concession speech" hielt er am 13. Dezember, kurz bevor die 538 Wahlleute den Präsidenten zu benennen hatten. Was McConnell verklausuliert sagen will: Man möge sich noch ein paar Wochen gedulden.

Die üblichen Verdächtigen

Die von Joe Biden erhoffte Absetzbewegung in den Reihen der Republikaner ist jedenfalls ausgeblieben. Nur vier der 53 konservativen Senatoren konnten sich bis Dienstag (Ortszeit) dazu durchringen, den Sieg des Demokraten anzuerkennen. Der prominenteste ist Mitt Romney, der sich schon im Amtsenthebungsverfahren gegen Trump gestellt hatte. Auch Lisa Murkowski und Susan Collins riefen Biden an, um zu gratulieren. Roy Blunt aus Missouri attestierte zumindest, dass sich am Resultat nichts mehr ändern werde.

Chris Christie forderte Trump auf, Beweise für angebliche Manipulationen vorzulegen. "Ein Anheizen ohne Informationen dürfen wir nicht zulassen." George W. Bush hat Biden ebenfalls beglückwünscht, bereits am Sonntag. Allerdings gibt es in der Grand Old Party nur wenige, bei denen der Texaner noch Gehör findet. Dazu hat Trump der Partei, deren Basis ihm bis heute die Treue hält, zu eindeutig seinen Stempel aufgedrückt.

Streit wegen Pennsylvania

Auch deshalb unterstützen Generalstaatsanwälte in einem Dutzend republikanisch regierter Staaten eine Klage, über die der Supreme Court demnächst befinden muss. Demnach sollen in Pennsylvania Briefe mit Stimmzetteln, die erst nach dem Wahltag eingingen, nicht berücksichtigt werden. Das widerspricht dem lokalen Wahlrecht. Wie der Streit ausgeht, ist offen. Selbst wenn Trump recht bekommen sollte, dürfte es sich Behördenvertretern Pennsylvanias zufolge um zu wenige strittige Stimmen handeln, als dass sich etwas am Ergebnis ändern würde.

In Georgia, wo Biden so knapp vorn liegt, dass wohl eine Neuauszählung ansteht, fordern zwei republikanische Senatoren den Rücktritt eines Parteifreunds, der die Erfolgschancen von Beschwerden skeptisch beurteilt: Brad Raffensperger, als Secretary of State für das Organisatorische zuständig, hatte erklärt, in seinem Staat gebe es keine Beweise für groß angelegten Wahlbetrug. Er habe das Volk Georgias im Stich gelassen und müsse seinen Hut nehmen, schrieben Kelley Loeffler und David Perdue. Darauf Raffensperger: "Die Wähler Georgias haben mich angeheuert, und nur die Wähler Georgias können mich feuern." (Frank Herrmann, 11.11.2020)

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