Die Grundrechtecharta der Europäischen Union sieht unter anderem den Schutz sexueller Minderheiten vor.

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Budapest – Die Regierung von Ungarns rechtskonservativem Ministerpräsidenten Viktor Orbán will in der Verfassung Definitionen von Elternschaft und Geschlecht festlegen, die sich gegen Homosexuelle und Transgenderpersonen richten. Laut dem am Dienstag im Parlament eingebrachten Entwurf von Justizministerin Judit Varga soll es in der Verfassung künftig heißen, dass "die Mutter eine Frau ist und der Vater ein Mann".

Außerdem soll festgelegt werden, dass das Geschlecht eines Menschen allein als jenes zum Zeitpunkt seiner Geburt zu definieren ist – eine Regelung, die sich gegen Transgenderpersonen richten würde. Seit Mai ist es in Ungarn bereits verboten, eine Änderung des Geschlechts bei den Behörden eintragen zu lassen.

Konflikt mit Grundrechtecharta

Der Entwurf für die Verfassungsänderung wird zu einem Zeitpunkt eingebracht, zu dem Ungarn mit der EU erneut in scharfem Streit um die Wahrung der Grundrechtecharta der Union ist. Diese sieht unter anderem den Schutz sexueller Minderheiten vor. Zudem müsste geklärt werden, ob Transgenderpersonen, die Bürgerinnen oder Bürger anderer EU-Staaten sind, im Falle ihrer Niederlassung in Ungarn Diskriminierungen ausgesetzt sein könnten.

Laut dem Rechtsstaatsmechanismus, der an das neue Sieben-Jahre-Budget der EU gekoppelt sein soll, könnten bei Verstößen gegen die Grundrechtecharta künftig Zahlungen an die Mitgliedsstaaten gekürzt werden.

Orbán hat laut der Nachrichtenagentur AFP der EU-Kommission mit einem Veto gegen das EU-Budget gedroht, sollte an dem Rechtsstaatsmechanismus festgehalten werden. Das EU-Budget muss einstimmig von den Mitgliedsstaaten verabschiedet werden. Ungarn wie auch Polen stehen seit Jahren wegen rechtsstaatlicher Verfehlungen am Pranger. (APA, red, 11.11.2020)