Illustrierte Kronen Zeitung vom 9. Dezember 1922

Das Schlagobersverbot ist noch in Kraft 

Seit einiger Zeit konnte man in den Wiener Konditoreien und Kaffeehäusern zahlreiche jugendliche und weibliche Kunden sehen, die sich nach langer Zeit wieder dem Schlagobersgenuss ergaben. Wieder sah man, wie in der Vorkriegszeit, so manches rosige Zünglein aus dem Munde hervorlugen, um noch die letzten Reste der weißen Delikatesse mit Feinschmeckergenuss von den Lippen zu entfernen. Aber die Verabreichung von Obers ist doch verboten? Niemand fragte danach, denn wir sind in Österreich mit einer solchen Fülle von Verboten gesegnet, dass man wahrhaftig gut daran tut, sie zeitweilig zu vergessen. Würde man sie alle befolgen wollen, da wüsste man sich nicht zurechtzufinden. 

Kürzlich erregte in einer Tabak-Trafik ein Herr heiteres Aufsehen, als er, mit der Raucherkarte bewaffnet, seine Fassung beheben wollte. Die Rayonierung der Rauchermaterialien ist nämlich noch nicht aufgehoben und das Verbot des Kaufes oder von Tabak ohne Raucherkarte besteht noch immer. Es ist nur von den Behörden vergessen worden, und wer sich daran erinnert und daran halten will, ist ein Sonderling. 

Ein Gleiches schien auch beim Schlagobers der Fall. Aber hier hatte man sich in einem Irrtum befunden. Nicht nur, dass das Verbot noch besteht – es soll auch eingehalten werden. In einer Veröffentlichung der Polizeikorrespondenz wird die Genossenschaft der Zuckerbäcker ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass die Verabreichung von Rahm (Obers, Schlagobers) in ganzen Portionen oder dessen Zugabe zu Kaffee usw. nach wie vor ausnahmslos verboten ist. Wie lange das Verbot noch in Kraft sein wird, kann man natürlich nicht wissen. Vorläufig hat sich der Genuss von Obersschaum als kurzer Traum erwiesen. Wenigstens für jene Leute, die gewohnt sind, sich an alle Verordnungen und Verbote zu halten. 

Illustriertes Sportblatt vom 9. Dezember 1922

Ein lehrreiches Bild

Bel einem Berliner Ligaspiel (Berliner Viktoria gegen Weißensee) begeht ein Stürmer Weißensees ein charakteristisches Foul gegen den Torwächter. Er hält den in die Höhe Springenden mit beiden Händen fest. Ganz rechts auf dem Bilde der berühmte Mittelläufer Tewes.

ANNO | Österr. Nationalbibliothek

Illustrierte Kronen Zeitung vom 9. Dezember 1922

Wien im Schnee

Der Winter fragt nicht viel nach dem Kalender. Gestern hat er sich in seiner vollen Machtfülle eingestellt. Im Anfang, am späten Vormittag, streckte er nur seine Fühler aus. Ein leichter Schneefall, mit Flocken, die kaum zur Erde gefallen, in Wasser aufgingen, ließ vermuten, dass es nur ein "Quatschwetter" geben werde. Bald aber setzte ein kalter und heftiger Wind ein. Die Flocken wurden fest und fielen so dicht und so anhaltend nieder, dass die Stadt bald vollständig in Weiß getaucht war. 

Bis in die Abendstunden dauerte ununterbrochen das Schneetreiben. Der orkanartige Wind peitschte den Passanten die Flocken ins Gesicht, so dass sie kaum zwei Schritte vor sich sehen konnten. Der Verkehr der Elektrischen blieb aufrecht, aber in den Nachmittagsstunden kam es zu andauernden Stauungen und Störungen. Zum Glück gab es wegen des Feiertages fast keinen Lastwagenverkehr, sonst wären die Verkehrsstörungen wohl viel empfindlicher gewesen.

Man sah in den Hauptstraßen die Schneeschaufler an der Arbeit, um wenigstens das Geleise freizumachen. Ihre Zahl war aber zu klein, als dass sie der dicken Schneedecke hätten beikommen können. Das Schneetreiben und das Glatteis hatten auch zahlreiche Unfälle im Gefolge. Es gab mehr oder minder bösartige Stürze, die die Hilfeleistung durch Ärzte oder Rettungsgesellschaft erforderten. 
In den überwiegenden Fällen konnten sich die Verunglückten selbst nach Hause begeben. 
Auch aus der Umgebung von Wien wird dichter Schneefall gemeldet, der die Ortschaften fast ganz einhüllte. 

Der Filmbote vom 9. Dezember 1922

Landru oder wie man Frauen betört

Film über den französischen Serienmörder Henri Désiré Landru.
Am 4. Juni 1923 wurde die Aufführung dieses Films des österreichischen Regisseurs Hans Otto Löwenstein für das Deutsche Reich verboten.

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(Kurt Tutschek, 9.12.2020)

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