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Polymun hat ein Verfahren zum Schutz des Anti-Covid-Präparats beim Eintritt in die Zelle entwickelt. Das Unternehmen mit Sitz in Klosterneuburg arbeitet unter anderem mit Pfizer/Biontech zusammen, die bei der Entwicklung eines Corona-Impfstoffs derzeit die Nase vorn haben.

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Besucher ist man gewohnt bei Polymun Scientific in Klosterneuburg. Als Auftragsfertiger im biopharmazeutischen Bereich liegt es nahe, dass Kunden sich ein Bild machen wollen, wie und unter welchen Bedingungen gearbeitet wird. Der Besuch, der sich Anfang September in der Donaustraße 99 angesagt hatte, war aber doch speziell.

Albert Bourla war da, CEO von Pfizer, einem der umsatzstärksten Pharmakonzerne der Welt. Mit dabei auch Uğur Şahin, Mitgründer und Chef des deutschen Biotechnologieunternehmens Biontech, das gemeinsam mit dem Pharmariesen aus New York einen Impfstoff gegen Covid-19 entwickelt. Im Wettlauf um ein wirkungsvolles Vakzin hat dieses Gespann derzeit die Nase vorn. Polymun ist daran beteiligt, kann man doch mit einem speziellen Verfahren aufwarten, das den Wirkstoff sicher durch die Zellwand bringt, um dort seine Wirkung zu entfalten.

Hoher Besuch bei Polymun Anfang September in Klosterneuburg: Andreas Wagner (li.), Leiter der Liposomentechnologie bei Polymun erklärt Pfizer-CEO Albert Bourla, wie am Standort gearbeitet wird. Dahinter Uğur Şahin, Chef von Biontech und Dietmar Katinger, CEO von Polymun.
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Das Unternehmen wurde 1992 von Hermann Katinger gegründet, einem der Pioniere der tierischen Zellkultur. Biotechnologische Wirkstoffe werden noch immer erzeugt. Auch Forschungsreagenzien hat Polymun im Sortiment, die zurückgehen auf Zeiten, als man an einem HIV-Impfstoff forschte.

Seit 2009 führt Sohn Dietmar, der Lebensmittel- und Biotechnologie an der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien studiert hat, die Geschicke des Familienunternehmens. Im Sommer 2011 ist Polymun in den Gewerbepark Klosterneuburg übersiedelt, nachdem die angemieteten Räumlichkeiten an der Boku zu eng geworden sind. Hermann Katinger, viele Jahre Vorstand des Instituts für angewandte Mikrobiologie an der Boku, ist als CSO weiter Teil des Managementteams von Polymun.

Zusammenarbeit mit Biontech seit 2018

Die Zusammenarbeit mit Biontech reicht in das Jahr 2018 zurück. "Einen ersten Vertrag haben wir im Februar vor zwei Jahren unterschrieben, mit ähnlichen Projekten im Bereich Liposomen wie jetzt auch", sagt Dietmar Katinger dem STANDARD. Das Covid-Projekt sei heuer im Februarheurigen Jahres angelaufen. Vereinfacht gesagt verpackt Polymun das von Biontech gelieferte Erbgut (RNA) in Lipid-Nanopartikel, das sind mikroskopisch kleine Kügelchen, die verhindern, dass sich die RNA gleich abbaut, wie das in normaler Umgebung üblicherweise der Fall ist.

"Wir nennen es Formulierung, Verpackung klingt nach Geschenkspapier", sagt Katinger. Ist die RNA in der Zelle, kann die darin enthaltene Botschaft gelesen und das gewünschte Protein gebildet werden. Den Prozess des Zusammenbaus von RNA und Lipiden, die im konkreten Fall aus Kanada und USA bezogen werden, hat Polymun perfektioniert, wobei Andreas Wagner, dem Leiter der Liposomentechnologie, besonderer Dank geschuldet sei.

Platz in Klosterneuburg wird eng

Ob man Personal aufstocken müsse, wenn Pfizer/Biontech die Zulassung für ihren Impfstoff erhalten? "Viel mehr kann es nicht werden", sagt Katinger. "Wir rotieren schon seit Februar". Gut 90 Mitarbeiter sind bei Polymun beschäftigt, darunter viele Boku-Absolventen. Mehr hätten kaum noch Platz am derzeitigen Standort in Klosterneuburg. Katinger: "Wir werden keine Milliardendosierungen machen, aber bei den Millionen sind wir schon dabei". Zu Umsatz und Gewinn möchte der Firmenchef nichts sagen: "Wir sind ein Familienunternehmen," bittet er um Verständnis.

Das von Biontech und Pfizer nach klinischen Phase-drei-Studien als vielversprechend eingestufte Vakzin zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ist übrigens nicht der einzige Impfstoffkandidat, bei dem das Unternehmen aus Klosterneuburg eingebunden ist. Auch Curevac aus Deutschland, das Imperial College London und das US-Unternehmen Arcturus Therapeutics mit Einsatzgebiet Singapur setzen bei der Formulierung, sprich Verpackung der Impfbotschaft auf Polymun. (Günther Strobl, 12.11.2020)