Die Stadt Wien will bis Anfang Dezember 30 solcher Ordinationscontainer einrichten, um Gesundheitseinrichtungen zu entlasten.

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Innsbruck/Salzburg/Wien – Die Zahl der Neuinfektionen ist in Österreich weiterhin alarmierend. So wurde am Mittwoch mit 7.514 innerhalb von 24 Stunden der bislang zweithöchste Wert seit Beginn der Pandemie verzeichnet. Wobei in dieser Zahl auch Nachmeldungen aus dem Epidemiologischen Melderegister enthalten sind, mit dem es in den vergangenen Tagen Probleme gegeben habe, so die Auskunft der Behörde. Der Wochenschnitt zeige mit durchschnittlich 6.754 Neuinfektionen pro Tag aber weiter nach oben, eine Trendumkehr sei bislang nicht in Sicht.

Das bestätigen auch Mediziner wie Lukas Kirchmair vom Bezirkskrankenhaus Schwaz in Tirol. Der Primarius ist Facharzt für Intensivmedizin und Anästhesie. Der Bezirk Schwaz (1.248,7) weist neben dem oberösterreichischen Rohrbach (1.321,1) die höchste Sieben-Tage-Inzidenz auf. Das schlägt sich in den Belegungszahlen von Kirchmairs Klinik nieder. Am Mittwoch wurden dort 47 Corona-Patienten sowie vier Verdachtsfälle auf der Normalstation behandelt, weitere drei lagen auf der Intensivstation, die sechs Betten umfasst.

Tirols Spitäler helfen einander

Die Klinik in Schwaz stehe mit anderen Tiroler Spitälern im permanenten Austausch, erklärt dazu Kirchmair. Seit Wochen werden bereits Patienten unter diesen Spitälern in Eigenregie ausgetauscht und verlegt, um benötigte Kapazitäten freizuhalten. "Ohne diesen Austausch wären wir bereits an unsere Auslastungsgrenzen gestoßen", sagt Kirchmair. Er beschreibt die Lage im Bezirk als ernst: "Wir steuern auf einen Engpass zu. Auch aus den anderen Spitälern im Inntal hört man, dass sie bereits am Limit arbeiten."

Neben den verfügbaren Betten wird auch das einsetzbare Personal immer knapper, weil es sich mit dem Virus infiziert. Im Krankenhaus Schwaz waren am Mittwoch bereits 58 Mitarbeiter im "Covid-Krankenstand". Die Situation sei "durchaus ernst", bestätigt Kirchmair. Tirolweit seien aktuell schon 80 Prozent der für Covid-Patienten bereitgestellten Intensivbetten belegt. Tendenz weiter steigend.

Denn österreichweit mussten am Mittwoch 3719 mit dem Coronavirus infizierte Patienten in Krankenhäusern behandelt werden, davon lagen 536 auf Intensivstationen. Das entspricht einer Steigerung von 41 Intensivpatienten gegenüber Dienstag. Auch die Zahl der Todesfälle ist erneut um 65 gestiegen. Somit sind seit Beginn der Pandemie in Österreich 1564 Menschen an den Folgen des Coronavirus verstorben. Im Schnitt betrug die Zahl der Todesfälle in der vergangenen Woche 48 pro Tag.

Erste Hoffnung in Salzburg

Dass die von der Bundesregierung Anfang November implementierten Maßnahmen bald Wirkung zeigen könnten, lässt ein Blick ins Bundesland Salzburg erhoffen. Dort geht die Zahl der Infizierten seit dem Wochenende zurück. Mittwochfrüh meldete das Land 5063 aktiv Infizierte, am Montag waren es noch um 87 mehr gewesen. Auch die Zahl Covid-19-Patienten im Spital ist seit Tagen stabil. Eine Erklärung könnte sein, dass Salzburg bereits vor dem zweiten Lockdown Maßnahmen gesetzt habe, heißt es vom Sprecher des Landes, Franz Wieser. "Es ist ein positives Zeichen. Wir müssen aber noch warten, ob der Trend nachhaltig ist." Der Wert der Neuinfektionen sei noch immer recht hoch.

Wenig Grund für Optimismus herrscht derzeit in den Bundesländern Oberösterreich und Vorarlberg. Ganz im Westen des Landes stiegen am Mittwoch die bedenklich hohen Zahlen erneut leicht an. Und so waren in Vorarlbergs Spitälern nur mehr 18 der insgesamt 63 Intensivbetten frei, 38 wurden bereits für Corona-Patienten gebraucht. In Oberösterreich plant man bereits die Aufstockung der Intensivkapazitäten für kommende Woche. Die Bettenzahl soll noch einmal um 50 auf insgesamt 200 aufgestockt werden. Mittwochmittag waren 113 der oberösterreichischen Intensivbetten mit Corona-Patienten belegt.

Wien will 30 "Ordinationscontainer" schaffen

In der Bundeshauptstadt Wien wurden am Mittwoch mit 1.427 die meisten Neuinfektionen binnen 24 Stunden verzeichnet. Um den Menschen "rasche und unkomplizierte Testmöglichkeiten" zu bieten, will die Stadtregierung bis Anfang Dezember insgesamt 30 "Ordinationscontainer" bereitstellen. "Das ist eine Maßnahme, die dazu dienen soll, niedergelassene Ordinationen zu entlasten", erklärte Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ).

Ziel der Maßnahme sei, die Gesundheitseinrichtungen so weit als möglich frei von Corona zu halten. Das Projekt wurde in Kooperation mit der Ärztekammer entwickelt, die eingesetzten Mediziner stellt der Ärztefunkdienst. Am Donnerstag eröffnen die ersten sogenannten Checkboxen, ein Standort befindet sich in Favoriten beim Laaerbergbad, ein weiterer am Mildeplatz in Ottakring. Wer sich dort testen lassen will, muss zuvor beim Ärztefunkdienste einen Termin ausmachen.

Nachwehen einer Möbelhaus-Party

Während angesichts weiter steigender Infektionszahlen bereits Verschärfungen des Lockdowns diskutiert werden und auch die Totalschließung der Schulen im Raum steht, scheint der Ernst der Lage noch nicht überall durchgedrungen zu sein. So sorgte am vergangenen Wochenende der Massenansturm bei einer Wiedereröffnung einer XXXLutz-Filiale in Eugendorf für Aufregung. Rund 8.000 Kundinnen und Kunden waren gekommen, der Stau reichte bis zur Westautobahn zurück, und es kam zu Ansammlungen bei den Ein- und Ausgängen. Laut dem Sprecher der Möbelhauskette seien alle Sicherheitsmaßnahmen eingehalten worden, und auch die Polizei sah keine Verstöße.

Kritik kam trotzdem, etwa vom grünen Wirtschaftssprecher Josef Scheinast: "Ausgerechnet in diesen schwierigen Zeiten und bei täglich ansteigenden Infektionszahlen Massenaufläufe zu provozieren ist grotesk." Es werde im schlimmsten Fall dazu führen, dass der Handel bald gänzlich wieder zusperren müsse. Er forderte mehr Verantwortungsbewusstsein von der Möbelkette ein. Die Lungauer Kulturvereinigung hat die Eröffnung auf eine satirische Idee gebracht: Das Kulturzentrum "die Künstlerei" in Tamsweg werde nun zum "XXSuper Möbelhaus", das 8.000 sensible Kultur- und Möbelfans besuchen könnten. (Steffen Arora, Stefanie Ruep, 11.11.2020)