Eva Glawischnig, frühere Grünen-Chefin und seit 2018 für Novomatic tätig, gewann die nächste Etappe gegen Facebook wegen Hasspostings über sie.

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Facebook muss ein Hassposting über Eva Glawischnig sowie wort- und sinngleiche Postings weltweit löschen: Das schreibt Österreichs Oberster Gerichtshof der Plattform in einer neuen einstweiligen Verfügung im sogenannten Sicherungsverfahren vor.

Die ehemalige Grünen-Chefin, seit 2018 für Novomatic tätig, hat Facebook auf Löschung des Hasspostings über sie geklagt, 2019 bekam sie vom EU-Gerichtshof recht, dass Gerichte eine weltweite Löschung anordnen können. Glawischnig wird vertreten von Anwältin Maria Windhager, die auch für den STANDARD arbeitet.

Die rechtskräftige Entscheidung erging im sogenannten Provisorialverfahren, im Hauptverfahren geht es um Rechtsfragen, ob Facebook die Userdaten herausgeben muss, ob Facebook immateriellen Schadenersatz leisten muss und ob Facebook das Urteil veröffentlichen muss.

Die Vorgeschichte

Ein User nannte Glawischnig auf Facebook etwa eine "miese Volksverräterin" und einen "korrupten Trampel". Eine außergerichtliche Abmahnung blieb ohne Folgen, Glawischnig klagte und beantragte eine einstweilige Verfügung beim Handelsgericht Wien. Das verfügte die Löschung, doch Facebook sperrte das Posting nur in Österreich und ging gegen die Verfügung vor. Über einen Proxy-Server ist das Posting auch weiter in Österreich zugänglich. Ein Posting dieses Inhalts vom selben Facebook-Accounts ist übrigens auch noch über die Facebook-Präsenz von oe24.at abrufbar, es wurde bisher in dem Verfahren noch nicht behandelt.

Das Oberlandesgericht Wien eröffnete schließlich den Rechtsweg zum Obersten Gerichtshof, der die Fragen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) herantrug.

Der EuGH entschied im Oktober 2019 grundsätzlich: Facebook kann demnach, ohne gegen die EU-Richtlinie über den elektronischen Rechtsverkehr zu verstoßen, dazu verpflichtet werden, nach einer entsprechenden Abmahnung wort- und sinngleiche Hasspostings aktiv zu suchen und zu entfernen. Das EU-Recht stehe zudem auch einer weltweiten Löschungsverpflichtung nicht entgegen.

Die neue Entscheidung des OGH

Nun gab der OGH Glawischnigs Revisionsrekurs recht und wies den von Facebook ab. Die einstweilige Verfügung gilt weltweit, und sie gilt für wort- und für sinngleiche Äußerungen. Vor allem diese beiden Punkte waren strittig.

Facebook muss laut Verfügung die Veröffentlichung oder die Verbreitung von Bildern Glawischnigs unterlassen, wenn dazu wörtlich und/oder sinngleich gepostet wird, sie sei eine "miese Volksverräterin" und/oder ein "korrupter Trampel" und/oder Mitglied einer "Faschistenpartei".

Für die Dauer des Sicherungsverfahrens gilt diese Verfügung nun.

Straches "Lügen"-Posting

Der Senat des Obersten Gerichtshofs verweist in seiner Entscheidung auch auf das OGH-Urteil zu Heinz-Christian Straches "Lügen"-Posting über den ORF mit dem Bild von Armin Wolf. Der ORF verlangte damals von Facebook, dafür zu sorgen, dass dieses Bild insbesondere mit dem Begleittext "Es gibt einen Ort, an dem Lügen zu Nachrichten werden. Das ist der ORF." oder "gleichsinnige" Behauptungen veröffentlicht wird.

Der OGH argumentiert nun wie damals mit Verweis auf die EuGH-Entscheidung zu Glawischnig:

EU-Mitgliedsstaaten – und dort Zivilgerichte – könnten von Host-Providern (darunter fällt auch Facebook) "in spezifischen Fällen" verlangen, Inhalte zu überwachen. Das gilt etwa für Inhalte eines Nutzers, die ein Gericht als rechtswidrig identifiziert hat, und auf eine "konkrete Information" darüber hin. Laut EU-Gerichtshof (in Sachen Glawischnig) müssen Mitgliedsstaaten dafür sorgen, dass eine "mutmaßliche Rechtsverletzung" rasch abgestellt wird. Damit müsse verhindert werden, dass "als rechtswidrig beurteilte Inhalte zu einem späteren Zeitpunkt von einem anderen Nutzer des jeweiligen Netzwerks wiedergegeben und geteilt werden". Somit könnte ein Gericht auch die Unterlassung künftiger Rechtsverletzungen anordnen.

Wortgleiche und sinngleiche Posts mitzuerfassen sei möglich und liege im Ermessen des Mitgliedsstaates nach dem jeweiligen Fall. Bedingung dafür: Die Inhalte seien vom Gericht so klar zu beschreiben, dass nicht der Host-Provider (die Plattform) die Inhalte autonom beurteilen müsste. Der EuGH will damit erreichen, dass die Verbote nicht durch leichte sprachliche Abwandlung oder Bildbearbeitung umgangen werden und jede Variante neu eingeklagt werden müsste.

Der EU-Gerichtshof erklärte auch, dass diese Verpflichtung des Betreibers nur bis zur "Grenze" einer "allgemeinen Verpflichtung" reichen dürfe, "aktiv nach Umständen zu forschen".

Der OGH verlangt keine autonome Beurteilung von Facebook und definiert die relevanten Äußerungen. Eine Einschränkung auf Österreich, wie sie von Facebook verlangt wurde, wurde abgewiesen. Das könnte im Hauptverfahren noch einmal beschäftigen. (fid, 12.11.2020)