Gut ausgebaute Autobahnen sind ein Treiber der Zersiedelung in Österreich und damit ein Grund für zu viel Verkehr, ist der VCÖ überzeugt.

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Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) prescht wieder mit einer außergewöhnlichen Forderung in die Öffentlichkeit. Weg mit der Pkw-Stellplatzverpflichtung, her mit einer Aufnahme von Mobilitätskriterien in die Wohnbauförderung.

Mit diesem Ansatz will der VCÖ das Verkehrsaufkommen senken und die Zersiedelung eindämmen. Denn im Endeffekt würde das heißen, gebaut werden soll nur mehr dort werden, wo es eine praktikable Anbindung an den öffentlichen Verkehr gibt. Das würde Ortskerne stärken, in denen die kürzeren Wege mit dem Rad oder zu Fuß zurückgelegt werden können.

Klimaziele scheitern an Siedlungsentwicklung

"Die Fehler, die in der Vergangenheit bei der Siedlungsentwicklung gemacht wurden, sind wesentlich mitverantwortlich für die Verkehrsprobleme der Gegenwart. Und sie sind auch ein Grund dafür, warum der Verkehr von seinen Klimazielen so weit entfernt ist", sagte VCÖ-Experte Michael Schwendinger bei der Vorstellung der Publikation "Mobilitätsfaktoren Wohnen und Siedlungsentwicklung" in Wien.

Mittlerweile beanspruchen die Bau- und Verkehrsflächen laut VCÖ 5.338 Quadratkilometer. Besonders stark gestiegen sei der Flächenverbrauch durch den Straßenverkehr – von 1.440 Quadratkilometern 1990 auf fast 2.000 Quadratkilometer 2019. Das Autobahn- und Schnellstraßennetz sei seit dem Jahr 2000 um über 300 Kilometer länger geworden, die Abschnitte mit drei oder mehr Spuren haben sich auf rund 400 Kilometer vervierfacht. Das Schienennetz sei in dieser Zeit um fast 700 Kilometer geschrumpft.

Verkehrsspar- statt Energiesparhäuser

Anfang der 1990er-Jahre war demnach die Anzahl der Pkws pro 1.000 Einwohner in ländlichen Regionen niedriger als in den Städten, heute sei es umgekehrt. In peripheren Bezirken würden nur 29 Prozent der Alltagswege autofrei zurückgelegt, in zentralen zu 35 Prozent und in den größeren Städten außerhalb Wiens rund die Hälfte, rechnet der VCÖ vor.

"Wird ein Niedrigenergiehaus auf der grünen Wiese errichtet und braucht dieser Haushalt dann für die Mobilität zwei Autos, ist der Gesamtenergieverbrauch deutlich höher als jener eines autofreien Haushalts in einer Altbauwohnung", sagte Schwendinger. "Um die Klimaziele erreichen zu können, ist der Fokus nicht nur auf Energiesparhäuser, sondern auch auf Verkehrsparhäuser zu legen." (glu, APA, 12.11.2020)