In Russland werden momentan gleich mehrere E-Autos gebaut. Für den Monarch fehlt derzeit noch die Genehmigung des Industrieministeriums.

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Monarch – schon der Name verrät die hochfliegenden Ambitionen des sibirischen Start-ups. Nach eigenen Angaben hat die Firma gerade die Entwicklung eines Elektro-Luxusfahrzeugs abgeschlossen – natürlich unter dem gleichen Namen.

Seit Dienstag nimmt das Unternehmen mit Sitz in Nowosibirsk Bestellungen für zwei Modelle entgegen. Die einfache Variante, der Monarch S200, soll in der Grundausstattung für 58.000 US-Dollar zu bekommen sein. Zum Vergleich: Der neue Tesla S ist mit 63.900 Dollar teurer.

Und zumindest laut den Konzernangaben braucht der Monarch den Leistungsvergleich mit dem Tesla nicht zu scheuen. Die Motoren werden wahlweise mit einer 60- oder 80-Kilowattstunden-Batterie betrieben, wodurch die Reichweite auf bis zu 400 Kilometer steigen soll. Mit 542 PS unter der Motorhaube beschleunigt der S200 in fünf Sekunden auf 100 km/h, der S400 in 3,2 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 250 beziehungsweise sogar 260 km/h.

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Der E-Auto-Hersteller Tesla bekommt Konkurrenz aus Russland.
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Ob russische Autofahrer tatsächlich in den Genuss kommen, dieses Tempo auszukosten, ist allerdings noch sehr zweifelhaft. Das liegt nicht nur daran, dass die Höchstgeschwindigkeit selbst auf den wenigen Autobahnen in Russland auf 110 km/h begrenzt ist – ausgenommen sind Mautstrecken, wo es Abschnitte bis zu 130 km/h gibt –, sondern dass die Autos noch praktisch niemand zu Gesicht bekommen hat.

Verdacht der Abzocke

Eine Präsentation im Dezember 2019 endete im Fiasko: Die Journalisten warteten vergeblich auf die Enthüllung des Prototyps. Der Autobauer entschuldigte dies mit logistischen Problemen, doch das russische Automobilmagazin "Drom" äußerte den Verdacht einer "Abzocke" und verwies auf die dubiose Biografie des Generaldirektors Alexej Ponomarenko.

Der Geschäftsmann war zuvor durch einige Affären im Immobilienbusiness und mit einer auf Kryptowährungen spezialisierten Bank aufgefallen, die pleiteging. Auch die technischen Parameter des selbst ernannten russischen Tesla-Konkurrenten verblüffen Fachleute: Der Monarch sei kein Formel-1-Rennwagen, erinnerte Ilja Feditschew, technischer Direktor der Firma "Elektrotransport Technologien". (Elektro-)"Motoren, die im realen Leben so eine Leistungsfähigkeit haben, sind mir nicht bekannt", sagte er und fügte hinzu, dass die angegebene Reichweite angesichts der Batteriestärke fraglich sei.

Erste Fahrzeuge in Kürze

Ungeachtet der Skeptiker verspricht Ponomarenko, bereits in Kürze die ersten Fahrzeuge auszuliefern. Da derzeit noch die Zertifizierung des Industrieministeriums fehlt, wird die Auflage aber vorläufig begrenzt – auf 30 Stück, wobei die ersten zehn für "einen ausgewählten Kreis" vorbestimmt seien, heißt es aus Konzernkreisen. Wann genau die Serienproduktion aufgenommen wird, ließ das Unternehmen offen.

In dem Punkt ist der Konkurrent Zetta schon weiter. Das Unternehmen glänzt weniger mit Chic als mit dem Preis. Unschlagbar günstig sollen die Kleinwagen aus der russischen Automobilstadt Togliatti – bekannt durch die Lada-Produktion – sein: Laut Generaldirektor Denis Schurowski kostet das City- Modul-1 umgerechnet gerade einmal etwas mehr als 6000 Euro. Für ein Elektroauto sind das unerhörte Preise.

Zetta erlebte erst kürzlich bei der Produktion des Dreitürers einen herben Rückschlag. Da ein staatlicher Fonds die Finanzierung versagte, musste der Beginn der Serienproduktion auf 2021 verschoben werden. Trotzdem sieht das russische Industrieministerium in dem Projekt großes Potenzial. Das City-Modul könne nach Indien, Pakistan, Ägypten, Jordanien und – höre und staune – Deutschland exportiert werden, prognostizierte ein Behördensprecher. Die Zertifizierung befinde sich in der Zielgeraden, so das Ministerium.

Die großen Autoproduzenten Russlands haben das Thema inzwischen für sich entdeckt. Spottete der Chef des Nutzfahrzeugherstellers Gaz Siegfried Wolf angesichts der fehlenden Infrastruktur vor drei Jahren noch im STANDARD-Interview: "Wenn ein paar Teslas an der Tankstelle voll auftanken, fällt die Registrierkasse aus", so hat der Konzern im September das erste Elektronutzfahrzeug Russlands in Nischni Nowgorod vom Band lassen.

E-Kleinlaster für die Stadt

Die Gazelle e-NN wurde mit dem gleichen Gestell und der gleichen Karosserie wie der erfolgreiche Kleintransporter Gazelle Next ausgestattet, dazu mit einem chinesischen Elektromotor. Das soll die Kosten reduzieren, um das Modell einigermaßen effizient herzustellen. Mit einer Reichweite von 120 Kilometern ist der Kleinlaster eher nicht für die russischen Weiten ausgelegt, sondern kann maximal im innerstädtischen Verkehr genutzt werden.

In ganz Russland gibt es lediglich 200 E-Tankstellen, die Hälfte davon in Moskau.
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Dass Elektromobilität auch in Russland funktioniert, demonstriert seit einigen Jahren bereits die Hauptstadt Moskau, die einen Teil ihrer Busse auf Elektromotoren umgestellt hat. Die Busse werden von den Autobauern Kamaz und Liaz geliefert, wobei die Motoren beim Kamaz vom baden-württembergischen Autozulieferer ZF Friedrichshafen geliefert werden.

Für die Nachahmung in anderen Städten und im Überlandverkehr fehlt es in Russland allerdings mehr noch als in Europa an der Infrastruktur. Insgesamt gibt es landesweit weniger als 200 Tankstellen, an denen E-Autos aufgeladen werden können, mehr als die Hälfte davon steht in Moskau. (André Ballin aus Moskau, 13.11.2020)