Das Überwachungsnetz in der russischen Hauptstadt zählt mehr als 105.000 Geräte und ist damit eines der größten Systeme weltweit.

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Wer in Moskau jemanden überwachen will, muss nicht weit suchen: Die russische Datenschutzorganisation Roskomsvoboda hat auf Telegram mehrere Kanäle entdeckt, über die Nutzer Zugriff auf das Gesichtserkennungsnetzwerk der Stadt erkaufen können. Für 16.000 Rubel – umgerechnet 200 Euro – und ein Foto der Person, die sie ausspionieren will – in dem Fall eine Aktivistin, die das freiwillig ausprobierte –, erhielt sie eine detaillierte Liste aller Adressen in der russischen Hauptstadt, in der sie sich im vergangenen Monat befunden hatte und an denen sie vom Kamerasystem aufgespürt wurde.

Tausende Kameras

Zudem erhielt sie 79 Fotos aus den Aufnahmen der öffentlichen Kameras. Das Überwachungsnetz in der russischen Hauptstadt zählt mehr als 105.000 Geräte und ist damit eines der größten Systeme weltweit. Erstmals flächendeckend wird es seit heuer eingesetzt, die Behörden behaupten nach eigenen Angaben, dass es in der Kriminalitätsbekämpfung hilfreich sei und der Stadt geholfen habe, Lockdown-Vorgaben durchzusetzen.

Nun wird den Behörden zufolge gegen zwei Beamten ermittelt, die Zugriff auf das System hätten, allerdings ist noch unklar, wer hinter derartigen Angeboten steckt. Roskomsvoboda kritisiert, dass Spionage so möglich ist – Kriminelle könnten etwa den Wohn- und Arbeitsort erfahren, da dieser besonders oft aufscheint. Problematisch sei, dass die russische Regierung keine klaren Vorgaben gegen das Missbrauchspotenzial derartiger Systeme eingeführt hat.

BMI nutzt Gesichtserkennung

Auch in Österreich nutzt das Innenministerium (BMI) Gesichtserkennungssoftware. Nach einem mehrmonatigen Testbetrieb ist sie seit 1. August voll im Einsatz. In der Testphase zwischen Dezember und Juni soll sie in 581 Fällen verwendet worden sein, Innenminister Karl Nehammer zufolge seien so 83 Täter identifiziert worden. (red, 12.11.2020)