Im Gastkommentar fordern Klara Butz und Michael Spiekermann von Fridays for Future Maßnahmen für den Klimaschutz. Lesen Sie dazu auch den Gastkommentar von Andrea Schmidt und Oliver Zwickelsdorfer: "Harmonische Farbenlehre reicht nicht".

Die pink-roten Koalitionsverhandler: Philipp Kern, Bettina Emmerling und Christoph Wiederkehr (von links) sowie Josef Taucher, Barbara Novak und Michael Ludwig.
Foto: APA / Helmut Fohringer

Während sich Wien von den Geschehnissen der vergangenen Woche erholt, wurde im Wiener Rathaus über die politischen Ziele der nächsten Stadtregierung debattiert. Es wurde verhandelt, beschlossen, verworfen. Koalitionsverhandlungen sind Zeiten der Kompromissfindung. Nicht alle Themen schaffen es auf die politische Agenda.

SPÖ und Neos sollten jedoch eine wichtige Sache stets bedenken: Klimaschutz ist – im Gegensatz zu anderen Themen – nicht verhandelbar. Mit der Physik kann man keine Kompromisse schließen. Jedes Molekül CO2 fügt Natur und Mensch Schaden zu, auch wenn die Koalitionsparteien gutgemeinte Kompromisse beschließen und sich um unsere Zukunft besorgt zeigen. Die nächsten fünf Jahre sind entscheidend: Nur mit schnellen und effektiven Maßnahmen kann Wien es schaffen, seine Emissionen in der notwendigen Geschwindigkeit auf null zu reduzieren. Als junge Generation steht unsere Zukunft auf dem Spiel. Regierungen auf allen politischen Ebenen müssen beispiellose Maßnahmen setzen, um zu verhindern, dass das Klimasystem kippt und die Menschen großen Risiken ausgesetzt werden.

Große Hebel

Die großen Hebel für die Senkung der Treibhausgasemissionen in Wien liegen in den Sektoren Gebäude und Mobilität. Die Neos werben groß mit Transparenz. Gerade sie müssen in der kommenden Amtsperiode genau darauf achten, dass die Baupolizei bei neuerbauten Gasheizungen endlich nicht mehr wegschaut. Erdgas für Gebäudeheizungen ist für ein Viertel aller Emissionen in Wien verantwortlich. Ein schneller Ausstieg aus Gas im Wärmesektor ist technisch möglich. Ökologische Alternativen gibt es zur Genüge. So sind Fernwärme oder Wärmepumpen im Betrieb oft sogar deutlich kostengünstiger als Gasthermen mit ihren hohen Fixkosten. Man sollte stets bedenken, dass der Gasendpreis stark ansteigen wird.

Schlecht gedämmte Wohnbauten verursachen hohe Heizkosten. Doch niemand sollte im Winter im Kalten sitzen. Wenn die SPÖ sozial schwächere Haushalte unterstützen möchte, sollte sie ausreichend Budget für großflächige Gebäudesanierungen festschreiben. Das tut nicht nur dem Geldbörserl, sondern auch dem Klima gut.

Mehr Klimabildung

Die Neos betonen gerne, dass ihnen gute Bildung ein Herzensanliegen ist. Wenn Schülerinnen und Schüler jedoch nicht mehr in die Schule gehen, weil sie es als wichtiger erachten, fürs Klima und eine lebenswerte Zukunft zu streiken, zeigt das auch, dass mehr Klimabildung in den Schulen erwünscht ist. Hierfür braucht es regelmäßige Fortbildungen für alle Lehrpersonen. Die Klimakrise wirkt in sämtliche Lebensbereiche hinein und muss somit in jedem Schulfach behandelt werden.

Die nächste Wiener Stadtregierung ist die letzte, die das Pariser Klimaabkommen einhalten kann – egal welche Parteien schlussendlich im Rathaus sitzen. Klimaschutz ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit (SPÖ) und auch für die Wirtschaft langfristig unumgänglich (Neos). Fridays for Future wird nicht nur die Koalitionsverhandlungen, sondern auch die Arbeit während der Amtsperiode kritisch beobachten. Wir haben der Stadt Wien konkrete Maßnahmen vorgestellt und fordern deren Umsetzung. Die Koalition mag jetzt zwar "rosa-rot" sein, aber durch eine rosarote Brille werden wir die Arbeit der Stadtregierung erst sehen, wenn ausreichend Schritte eingeleitet sind, dass Wien bis 2030 klimaneutral werden wird. (Klara Butz, Michael Spiekermann, 13.11.2020)