Die ÖVP befürwortet die Pläne.

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Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) will nach den jüngsten islamistischen Anschlägen in Wien und in Frankreich "Terroristen im Internet die Plattform entziehen". Der Innenminister verwies vor einer Videokonferenz mit seinen EU-Kollegen am Freitag auf laufende Verhandlungen auf europäischer Ebene für eine neue Verordnung. "Aber es müssen auch die Internetprovider in die Pflicht genommen werden, genau ihre Inhalte zu überprüfen, und sollten sie feststellen, dass es Inhalte sind, die den Terrorismus begünstigen, die verhetzen, dann müssen diese möglichst rasch gelöscht werden", sagte Nehammer. "Die Radikalisierung erfolgt oft über das Internet, es werden Menschen verhetzt. Es gibt so viel Hass, und der Hass wiederum führt dazu, dass sich manche dann verführen lassen, sich terroristischen Organisationen anzuschließen."

Terrorinhalte innerhalb von 24 Stunden entfernen

Nehammer bezieht sich auf ein umstrittenes Gesetz, das die Verbreitung terroristischer Inhalte eindämmen soll. Dafür sollen Plattformen künftig dazu verpflichtet werden, derartige Beiträge innerhalb von einer Stunde nach Aufforderung durch eine Behörde zu entfernen. Noch wird im Trilog verhandelt, die Gespräche sollen aber mit Dezember abgeschlossen werden.

Umstrittener Entwurf

Zur Diskussion steht aktuell, ob sogenannte Uploadfilter explizit ausgeschlossen werden sollen, also automatisierte Systeme, die nutzergenerierte Postings noch vor ihrer Veröffentlichung prüfen und gegebenenfalls blockieren. Umstritten ist, dass dem Entwurf zufolge Löschbehörden aus dem EU-Ausland ein Unternehmen dazu verpflichten könnten, ein Posting zu entfernen. Folgen Unternehmen dieser Aufforderung nicht oder nicht rechtzeitig, sind hohe Strafen vorgesehen. Das EU-Parlament argumentiert, dass auf diese Weise auch Unionsmitglieder mit rechtsstaatlichen Problemen wie zum Beispiel Ungarn Inhalte entfernen lassen könnten.

Die deutsche Ratspräsidentschaft will die Bedenken der Abgeordneten mit einem Kompromissvorschlag ausräumen, der eine verpflichtende Löschanordnung an eine zuständige Behörde in dem Land, in dem die betroffene Onlineplattform ihren Sitz hat, vorsieht. Diese hätte 24 Stunden Zeit, um ihn gegebenenfalls abzulehnen. Das EU-Parlament fordert noch weitere Ausnahmen, etwa für journalistische Inhalte oder für kleinere Unternehmen, die sich eine Infrastruktur, die eine rasche Löschung ermöglichen würde, nicht leisten können.

Europol stärken

Nehammer befürwortet nach Angaben des Innenministeriums eine Stärkung europäischer Agenturen wie Europol in der praktischen Zusammenarbeit von Polizei und Geheimdiensten, um effizienter gegen islamistische Terroristen und "Foreign Terrorist Fighters" vorgehen zu können. Der Minister sprach sich außerdem für eine Stärkung der EU-Grenzschutzagentur Frontex aus, sowohl was das Mandat als auch was das Personal betrifft. "Wir müssen auch den Außengrenzschutz verstärken und Frontex noch stärker in die Verantwortung bringen. Es gilt alles zu tun, um mit voller Härte gegen die islamistischen Terroristen und die Ideologie des politischen Islam vorzugehen und einen ordentlichen Schutz der EU-Außengrenzen sicherstellen", sagte Nehammer.

Der Innenminister dankte ausdrücklich dem deutschen Innenminister und amtierenden EU-Ratsvorsitzenden Horst Seehofer. "Er war von vornherein solidarisch mit Österreich, hat sofort seine Unterstützung als Innenminister der Bundesrepublik Deutschland angeboten, aber auch gleich gesagt, dass der Innenministerrat im Zeichen des Terror stehen wird und wie wir unsere Arbeit besser koordinieren können, damit wir effizienter gegen Terroristen vorgehen können." Das Ziel des Terrors sei es, die demokratischen Strukturen zu zerstören und Hass in der Gesellschaft zu säen. "Dagegen treten wir geschlossen auf – als Gesellschaft und auch als Europäische Union", so Nehammer. (muz, APA, 13.11.2020)