Büromöbel gibt es nicht, aber die Schoki aus der Minibar schmecke: Ines Hofbaur arbeitet im Hotelzimmer.

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Wo normalerweise Trubel herrscht, fällt jetzt die Stille auf: Auch im 25hours-Hotel in Wien fehlen durch Corona die Gäste – statt 90 Prozent Auslastung, wie im November üblich, seien aktuell nur etwa zehn Prozent der 217 Zimmer vergeben, sagt Nadja Krawetz, die unter anderem für das Marketing des Hauses im siebten Bezirk zuständig ist. Sie steht vor der Rezeption im Foyer, wo vor Corona ein ständiges Kommen und Gehen herrschte.

Check-In ins Büro

Um die enormen Einbrüche zumindest ein bisschen abzufangen, haben sich viele Hotels etwas einfallen lassen – zum Beispiel die Möglichkeit, das Homeoffice dorthin zu verlagern. Die Zimmer stehen ohnehin leer. Bereits im März, als der erste Lockdown startete, warben einige Häuser um Hotel-Office-Gäste.

Im 25hours-Hotel gibt es das Zimmer für einen Tag um 50 Euro, wer gleich eine Woche vom Hotelzimmer aus arbeiten will, zahlt 200 Euro. "Reich werden wir damit natürlich nicht", sagt Krawetz auf dem Weg zu einem solchen Hotel-Homeoffice.

In Zimmer 518 treffen wir Ines Hofbaur, freie Journalistin und Texterin. Sie ist zum ersten Mal da, aber bereits zu Mittag ist sie sicher: "Ich komme wieder."

Flucht vor dem heimischen Chaos

Und das, obwohl Hofbaur das Homeoffice eigentlich gewöhnt ist. Schon ein Jahr vor dem ersten Lockdown hat sie meistens von zu Hause aus gearbeitet. "Jetzt sind wir aber wieder zu viert daheim den ganzen Tag, weil meine beiden Töchter im Homeschooling sind und mein Mann auch zu Hause arbeitet. Ich bin dem heimischen Chaos entflohen", sagt sie und lacht. Zu Hause sei es doch so, dass man ständig andere Dinge sehe, die man erledigen sollte. "Hier habe ich Ruhe. Und ich muss nicht kochen. Herrlich."

Bei Hotelgästen wird er sonst eher nicht verwendet – jetzt steht der Schreibtisch im Zimmer im Mittelpunkt.
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Ganz Ähnliches erzählt Astrid Minnich. Die selbstständige Webdesignerin hat ebenfalls zwei Kinder – "Gott sei Dank momentan nicht im Homeschooling" –, ihr Mann und sie arbeiten beide von zu Hause aus. "Gerade als Frau ist es so, dass man das Gefühl hat, ständig fünf Bälle gleichzeitig jonglieren zu müssen."

Minnich sitzt in der Lobby des Hotels Donauwalzer im 17. Bezirk und nimmt einen Schluck von ihrem Latte macchiato. "Das ist schon ein kleines Ritual geworden: zuerst einen Kaffee hier unten und dann noch einen im Zimmer oben." Drei-, viermal sei sie bereits hierher ins Hotel-Office gekommen. Im von Familie Kluss geführten Hotel kann man schon für 20 Euro einen Tag lang das Homeoffice auslagern. "Ich mag diesen Flair. Kurz hat man das Gefühl, als wäre man international unterwegs – fast wie früher."

Unterstützung für Hotel-Branche

Hoteldirektorin Katharina Kluss hat sich in erster Linie "als Service für die Stadt und für die Menschen" für das Angebot entschieden. "Uns bringt es finanziell eigentlich nichts", sagt auch sie. Fünf Homeoffice-Buchungen pro Tag sei bis jetzt das Maximum gewesen. Wie im großen Ketten-Hotel in Wien-Neubau liege auch im Familienbetrieb die Auslastung derzeit bei etwa zehn bis fünfzehn Prozent.

Astrid Minnich bleibt dieses Mal nicht der einzige Gast, auch Alpaslan Firat tauscht die eigenen vier Wände gegen ein Hotelzimmer. Auch für den selbstständigen Programmierer gebe es daheim teilweise zu viel Ablenkung. Firat würde sich wünschen, dass noch mehr Häuser Leute wie ihn empfangen. "Ich bin in der glücklichen Lage, keine Kunden verloren zu haben. Ich komme also auch deswegen in die Hotels, weil ich unterstützen will."

Eine Runde Yoga und Schokolade

Im 25hours macht sich Hofbaur wieder an die Arbeit. "Ich glaube, die Yogamatte werde ich noch brauchen", sagt sie und zeigt auf das Regal über dem Schreibtisch. Das Interieur in den Hotel-Offices – egal ob in Neubau oder in Hernals – ist eben nicht für lange Arbeitstage gemacht. "Macht nichts", sagt Hofbaur. Dafür gebe es Schokolade aus der Minibar. (Lara Hagen, 13.11.2020)