Kaum sind die jüngsten Einschränkungen verdaut, ist mit weiteren Einschnitten zu rechnen. Im Handel gilt bereits seit Mitte der Woche für alle: 19 Uhr ist Ladenschluss. Vor allem große Handelsketten waren dagegen.

Die Befürworter setzten sich mit dem Argument durch, dass Einkäufe rechtzeitig vor Beginn der Ausgangsbeschränkung erfolgen sollten.

Doch hat sich das in der Praxis bewährt? Ist es nicht vielmehr so, dass nun mehr Kunden gleichzeitig ihre Besorgungen erledigen? Kommt es in den Geschäften und Supermärkten zu Stoßzeiten und Staus an den Kassen kurz vor 19 Uhr, wie Skeptiker mutmaßen?

Schneller einkaufen

Der Tenor von großen Handelsketten lautet: Die Kunden würden sich über den Tag ganz gut verteilen. Sollte es dennoch einmal "zu vermehrtem Ansturm kommen, haben wir mit unserer Besucherzählanlage und den damit verbundenen Maßnahmen die Situation in unseren Einrichtungshäusern sehr gut unter Kontrolle", heißt es etwa beim Möbelriesen Ikea. Ohnehin würden Kunden derzeit schneller einkaufen und weniger lang verweilen.

Einkaufen ist derzeit nicht lustig. Deswegen haben viele ihre Gewohnheiten angepasst. Auch die Gesichtsvisiere sind mittlerweile nicht mehr erlaubt.
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Die Drogeriekette DM nutzt ein anderes Steuerungselement, heißt es in Anspielung auf das gut besuchte Eröffnungsevent für eine neue Filiale des Möbelriesen XXXLutz: Normalerweise würde eine neue Filiale mit minus 15 Prozent auf jeden Einkauf eröffnet, konzentriert auf drei Tage, so Sprecher Stefan Ornig. Im ersten Lockdown und auch jetzt verzichte man darauf und verschicke stattdessen Rabattgutscheine im Umkreis, die eine Gültigkeit von einem Monat hätten – mit dem Ziel, einen kurzfristigen Zustrom der Kunden zu vermeiden.

Nur beim Handelsriesen Spar ortet man in den Abendstunden eine etwas höhere "Frequenz als tagsüber, eben weil die arbeitende Bevölkerung eher nach der Arbeit einkaufen geht", so Spar-Sprecherin Nicole Berkmann. Genaue Beobachtungen habe man allerdings noch nicht, schränkt sie ein. Gut möglich, dass das da und dort zutrifft.

Keine langen Schlangen

Im Spar-Gourmet am Fleischmarkt im ersten Wiener Gemeindebezirk, in dem zu normalen Zeiten nach Büroschluss reges Treiben herrscht, ist am Donnerstagabend wenig los. Die langen Schlangen an der Kassa: Vergangenheit und wohl Zukunft, aber nicht die Gegenwart. Das betrifft allerdings nicht nur die Sparfiliale. In der Rotenturmstraße im ersten Bezirk ist es generell ruhig. Da und dort schlendern Spaziergänger und gustieren beim Schaufensterbummel. Bei vielen Geschäften geht der Rollbalken schon um 18 Uhr zu. Nicht zu übersehen, dass in der Innenstadt vergleichsweise wenige Menschen leben, viele derzeit im Homeoffice sind und die Touristen aus dem Ausland fehlen.

Wiedereröffnung nach dem ersten Lockdown im Mai bei Ikea Nord in Wien. Damals dachten wohl viele, man habe das Schlimmste hinter sich.
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Doch auch andernorts bleibt ein Gedrängel vor Ladenschluss aus. Im Billa in der Sieveringer Straße in Wien-Döbling wird um 18.45 Uhr eine zweite Kassa geöffnet. Den Andrang hätte eine einzelne Kassa locker bewältigt, aber mit zwei Kassen war der Rückstau binnen drei Minuten abgearbeitet. Auch im noblen Außenbezirk staute sich am Donnerstagabend nichts, auch nicht beim Spar ein paar Meter weiter. Rewe-Sprecher Paul Pöttschacher hat dafür eine Erklärung: Das Einkaufsverhalten hätte sich verändert.

Weniger oft im Geschäft

Durch Homeoffice-Regelungen werden verstärkt auch andere Tageszeiten für Einkäufe genutzt und die Besorgungen entsprechend geplant. "Wir bemerken ebenfalls, dass insgesamt weniger Einkäufe getätigt werden, die Warenkörbe dafür dann aber durchschnittlich etwas größer ausfallen." Der Lokalaugenschein in Amstetten und in Waidhofen an der Ybbs scheint das zu bestätigen. Auf jedem Parkplatz diverser Lebensmittelketten standen in den Abendstunden Autos, auf dem einen mehr auf dem anderen weniger. Lediglich im Interspar, dem größten Supermarkt Amstettens, spielte es sich ab, als stünde eine Feiertagswoche bevor. Einheimische deuten dies als Zeichen von Normalität, sei es doch immer so.

Auch in der Billa-Filiale in der Venediger Au nahe dem Praterstern ist manches wie immer. Kurz vor 19 Uhr steht gut eine Handvoll Kunden an. Eine Kassa würde reichen. Trotzdem kommt in Windeseile aus dem Mund eines grantigen vermummten Pensionisten das bekannte:"Sperrts ihr ka zweite Kassa auf?" (rebu, and, luis)