Zuletzt wurde zwischen der Wiener SPÖ und den Neos nur noch in der Hauptgruppe verhandelt. Dem roten Team steht Michael Ludwig vor, dem pinken Team Christoph Wiederkehr.

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Es ist ein langer Schlussspurt. Aber zumindest das Ziel steht bereits fest: Am Dienstagabend wollen SPÖ und Neos ihr Abkommen zur Bildung einer neuen Stadtregierung in Wien öffentlich präsentieren. Das erfuhr DER STANDARD aus Verhandlerkreisen der Parteien. "Dieses Ziel werden wir erreichen", hieß es. Am Dienstagnachmittag, also direkt davor, tagen zeitgleich die roten und die pinken Gremien, die dem Koalitionspakt noch zustimmen müssen. Die SPÖ hat Präsidium, erweiterten Vorstand und Wiener Ausschuss einberufen. Bei den Neos findet die zuständige Landesmitgliederversammlung statt, die nur virtuell abgehalten wird.

Die verhandelnden acht Untergruppen von Rot und Pink haben ihre inhaltliche Arbeit bereits beendet. Allerdings gibt es in der Hauptgruppe auf "Chefebene", also zwischen Bürgermeister Michael Ludwig und Neos-Frontmann Christoph Wiederkehr mit ihrem jeweils engsten Team, noch einiges an Abklärungsbedarf. Dem Vernehmen nach war man in den Reihen der Pinken wenig erfreut darüber, dass am Donnerstag der Abschluss der Verhandlungen voreilig verkündet wurde. Die Aufteilung der Ressorts war noch nicht vollständig geklärt, ebenso war das Abklopfen der geplanten rot-pinken Vorhaben auf ihre finanziell realistische Umsetzung noch nicht beendet.

Budget im Fokus

Fix ist schon jetzt, dass die Stadt – wie auch der Bund – zur Bewältigung der Corona-Krise enorme finanzielle Anstrengungen auf sich nehmen müssen wird. Streitpunkt war anscheinend noch, wie sehr das Budget damit belastet werden kann. Klar ist beiden Parteien, dass vor allem in den Bereichen Gesundheit, Arbeit und Wirtschaft erhebliche Herausforderungen zu bewältigen sind. Offiziell hieß es von SPÖ und Neos am Freitag nur, dass man noch mit dem "Feintuning" des Koalitionspaktes beschäftigt sei.

Stadtchef Ludwig hat angekündigt, dass er vorerst am liebsten mit seinem roten Stadtregierungsteam weitermachen will, mit dem er im Mai 2018 angetreten ist. Dieses hat Ludwig als "Wiener Melange" bezeichnet. Damals rückten Peter Hacker, Peter Hanke, Veronica Kaup-Hasler und Kathrin Gaál neu auf. Die Plätze im Stadtsenat behielten Jürgen Czernohorszky (seit Jänner 2017) und Ulli Sima, die bereits seit Juli 2004 Stadträtin ist.

Verschiebungen bei Ressortzuständigkeiten

Bei den Ressortzuständigkeiten wird es aber Verschiebungen geben. Denn immer mehr zeichnete sich ab, dass Neos-Chef Wiederkehr das Bildungsressort übernehmen dürfte. Er sprach sich im Wahlkampf etwa dafür aus, Kindergärten und vor allem Brennpunktschulen mit mehr Geldmitteln auszustatten. Wiederkehr soll auch einen der beiden Vizebürgermeisterposten übernehmen.

Beide Posten stehen nach dem Wahlerfolg eigentlich der SPÖ zu. Doch zuletzt war es auch mit den Grünen geübte Praxis, dass der Juniorpartner der Roten dieses Amt erhält. Die zweite Stelle dürfte von der SPÖ mit einer Frau besetzt werden. Und hier hat Wohnbaustadträtin Gaál, eine langjährige Ludwig-Vertraute, die besten Karten.

Czernohorszky, der bisher die Bildung verantwortete, soll mit anderen Ressortzuständigkeiten aufgewertet werden. Mit Spannung wurde zudem erwartet, wem künftig die Bereiche Verkehr und Stadtplanung obliegen – also die Ressorts der scheidenden grünen Vizebürgermeisterin Birgit Hebein.

Hebein kämpft um Einfluss

Bei den Grünen bahnen sich nach dem besten Wien-Wahlergebnis ihrer Geschichte (14,8 Prozent) und dem Rauswurf aus der Stadtregierung schon am Montag größere Weichenstellungen an. Am Vormittag startet eine Klubsitzung, bei der darüber debattiert wird, welche Rolle Hebein bei den Grünen künftig spielen wird. So wird etwa darüber abgestimmt, wer künftig die Führung des von zehn auf nunmehr 16 Mitglieder angewachsenen grünen Klubs im Rathaus innehat. Hier dürfte der bisherige Amtsinhaber David Ellensohn die besten Karten haben. Ellensohn genießt "großes Vertrauen und Rückhalt im Klub", wie es ein Grüner formulierte.

Dazu haben die Grünen als Oppositionspartei zwei nicht amtsführende Stadtratsposten zu besetzen. Hier gelten der Listenzweite Peter Kraus und die Listendritte Judith Pühringer als Optionen. In einigen Bezirken regt sich bei den Grünen allerdings bereits Widerstand, sollte Hebein bei keinem Posten zum Zug kommen. So oder so bleibt Hebein Parteichefin, zu der sie im Sommer 2018 für zweieinhalb Jahre gewählt wurde. Außer sie selbst entscheidet sich für einen Rücktritt. (David Krutzler, 13.11.2020)