Es kann lustig sein, täglich erzwungen Arbeit und Kinder in der Wohnung zu vereinen, ist aber meistens eine riesige Herausforderung.

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Planbare Bürozeiten, planbare Kinderbetreuung außer Haus – all das wird in den kommenden Wochen, vielleicht sogar bis Weihnachten, über den Haufen geworfen. Jede noch so gefinkelte Einteilung ist wieder einmal hinfällig. Jede Freude auf noch so kleine Präsenzveranstaltungen der Hochschule und Uni ist dahin. Wieder Zoom. Wieder nur ich und der PC.

Lockdown II, hart. Viele sitzen wieder mit dem Job und den Kindern zu Hause, viele können nach Monaten aus dem Homeoffice nicht heraus oder werden wieder dorthin geschickt. Und immer mehr Menschen sind mit erkrankten Familienmitgliedern, Freunden, Kollegen konfrontiert oder selbst sogenannte K1, also Erstkontakt mit einer oder einem Covid-Infizierten, müssen in Quarantäne und in die oft noch immer mühseligen Testungsabläufe.

Es sind gewaltige Strapazen, die jetzt da sind und weiter bevorstehen, auch wenn Startvorteile wie eine größere Wohnung, verständnisvolle Partner, hilfsbereite Kollegen und sogar noch verständnisvolle Vorgesetzte vorhanden sein sollten. So oder so gerät man leicht ans Limit: Nirgends kann man wirklich erfüllen, was man eigentlich will und muss, einen guten Job machen, sichtbar sein mit guter Arbeit und in der Firma nicht aus dem Spiel fallen, erkrankte Kollegen ersetzen und liebevoll zu Partnern und Kindern sein, plus den Haushalt tipptopp führen. Es geht sich einfach nicht mehr aus, gemeinsam mit dem Gefühl, irgendwie wirklich gefangen und eingesperrt zu sein. Dauermüde sowieso nach den vergangenen sieben Corona-Monaten.

Arbeit, Kinder, Haushalt – alles dauernd gleichzeitig und vermischt, das geht nicht lange gut.
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Dagegen gibt es kein Patentrezept, keine geheimen Wundertipps, die alles wegzaubern und schnell happy machen. Aber eine Menge wirklich guter Ratschläge, deren konsequente Einhaltung jedenfalls entlastet – so weit wie möglich.

Wie geht Homeoffice und Kinderbetreuung?

Zuerst: Wer behauptet, das lasse sich alles eh locker machen, vergisst, einen Teil der Wirklichkeit zu erzählen. Es ist so oder so eine Challenge, bei der es nicht um herzeigbare Perfektion geht, sondern jeden Tag um das möglichst Beste für alle Beteiligten. Das gilt nicht nur für Leute mit Kindern. Im Folgenden ein paar Tipps:

  • Grundsätzlich sollten sich Homeworker innerhalb der Wohnung einen abgetrennten Arbeitsbereich schaffen. Denn wenn überall Unterlagen herumliegen, verschwimmen die Grenzen zwischen Wohnen und Arbeiten noch mehr. Im schlimmsten Fall wird irgendwann die gesamte Wohnung zum Arbeitsplatz. Außerdem sollte man sich feste Bürozeiten setzen, in denen ausschließlich gearbeitet wird – und nicht eben noch schnell die Waschmaschine gestartet oder die Suppe aufgesetzt wird.
  • Wichtig für Eltern ist, wenn irgendwie möglich, und sei es nur durch einen Paravent abgetrennt, einen Raum zu haben, in dem sie alles stehen und liegen lassen können, ohne dass Kinderhände Unterlagen "verschönern" oder mit ins Kinderzimmer schleppen. In diesem Punkt müssen von Anfang an klare Regeln gelten. Das ist Einübungssache: Finger vor dem Mund heißt eben "Psst, ich rede gleich mit dir".
  • Die Kinder müssen lernen, eine Zeitlang allein in ihrem Zimmer zu spielen, auch wenn Vater oder Mutter zu Hause sind und die Kleinen sich wahnsinnig über diese gemeinsamen Möglichkeiten freuen. Da ist die Kreativität der Eltern gefragt. Vielleicht wird ein Kinderbüro aus Karton gebastelt, mit Wollfäden als Verbindungskabeln zu den Eltern.
  • Aber: was tun, wenn das Kind während eines Telefonats schreit? Wenn es gar nicht geht, dann wird das Telefonat eben unterbrochen. Oft gibt es am anderen Ende mehr Verständnis und Wohlwollen als vermutet. Die schlechtere Idee ist, während des Telefonats oder Meetings fruchtlose Diskussionen mit den Kids zu führen. Wer unterbrechen muss, sollte sich kurz entschuldigen und für das Verständnis bedanken, sich aber nicht in Schuldzuweisungen und Selbstbezichtigung üben. So ist das nun einmal im Homeoffice mit kleinen Kindern. Wer sich am anderen Ende der Leitung noch nicht daran gewöhnt hat, wird sich jetzt in den kommenden Wochen daran gewöhnen.

Wie geht Arbeitsgesundheit im Homeoffice und beim Lernen?

Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass die gute alte Präsenzkultur in der Firma gerne durch Erreichbarkeitskultur ersetzt wird. Immer on, immer vor dem Schirm, das Telefon immer in der Hand. Arbeiten am Küchentisch, am Sofa, im Bett. Eine Videokonferenz nach der anderen. Das macht höchstwahrscheinlich ziemlich schnell krank. Zumindest führt es zu einem Erschöpfungszustand, aus dem man sehr lange herausbraucht. Selbstdisziplin, Selbstfürsorge und Selbstführung sind die Zauberworte.

Bewusste Pausen, bewusst bewegen, so gut es geht. Das hilft.
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  • Wie oben schon erwähnt: je nach Möglichkeit der Wohnung einen abgegrenzten Arbeitsbereich schaffen und ergonomisch aufrüsten: Tischhöhe, Platzierung des PCs, Sessel und Sesselhöhe so einrichten, dass aufrechtes Sitzen und gerade Haltung gegeben sind.
  • Arbeitszeiten einhalten und vor allem: Pausen machen. Office Eye Syndrome (trockene, gerötete Augen), Kopfschmerzen, Rückenweh, schlechte Schlafqualität, gestörte Verdauung – das sind erst die Anfangssymptome von Dauerüberlastung. Den Blick mehrmals in der Stunde bewusst in die Ferne, weg vom PC richten. Aufstehen, schütteln, herumhüpfen, tanzen, strecken – das brauchen Körper und Geist als Ausgleich zum Sitzen. Ordentlich Lüften einmal pro Stunde ist ebenso gut, wie Arbeiten und Essen zu trennen, statt dauernd auf die Tastatur zu bröseln.
  • Negative Gefühle nicht unterdrücken, sondern sich konfrontieren und dann bearbeiten. Oder mittels Bewegung auflösen. Warum nicht einen Boxsack anschaffen? Oder zwischen den Videositzungen an der Uni klar definierte Trainingseinheiten abspulen, duschen und erst dann wieder weiter vor den Schirm hocken?
  • Selbstdisziplin für Alleinarbeitende: Die Frage drängt sich auf: Wozu ordentlich anziehen, frisieren, vielleicht schminken, wenn mich eh wochenlang niemand sieht und ich das Bild beim Video immer abdrehe? Darauf gibt es eine gute Antwort: für die Selbstdisziplin und die Haltung. Man fühlt sich nun einmal anders in wochenlang getragenen Joggern als in Hose plus Pullover, frisch angezogen und gepflegt.
  • Akzeptieren, dass nicht alles immer geht. Bei noch mehr Arbeitslast noch schneller und ambitionierter in die Tasten zu klopfen ist phasenweise notwendig, aber darf keine Dauereinrichtung werden. Neinsagen ist eine wichtige ständige Übung zum Selbstschutz. Selbstfürsorge ist dafür ein wichtiges Schlagwort – es sitzt ja niemand gegenüber, der einen daran erinnert, mal kurz rauszugehen oder einen gemeinsamen Kaffee zu trinken.
  • Pläne machen für den Arbeitstag und notieren, was gut gelungen ist und warum. Feststellen, welche Abläufe individuell gut klappen und was nicht passt. Selbstorganisation ist Erfahrungssache und Übungssache, man lernt sich in der neuen, abgesonderten Umgebung auch selbst anders kennen und braucht einen neuen Umgang mit sich und seinen Bedürfnissen.
  • Regelmäßig mit Freunden und Bekannten reden, austauschen, einander helfen und zuhören – auch wenn es nur remote geht – hilft gegen Einsamkeit, gegen das Gefühl von Eingesperrtsein und Ausgesetztsein. Warum nicht jetzt ein Hobby beginnen? Es muss ja nicht unbedingt Brotbacken sein. Basteln wäre ja vielleicht etwas für die Weihnachtszeit – und es sogar an Menschen verschenken, an die man sonst nicht täglich denkt. Der alte Spruch vom Helfen und dem Schenken, das glücklich macht, stimmt. (Karin Bauer, 16.11.2020)