Red Bull würde nach dem neuen Modell weniger Steuern in Österreich, dafür mehr in den Märkten der Konsumenten abliefern.

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Ob Joe Biden den Durchbruch bringen wird, lässt sich noch nicht sagen. Jedenfalls hat der Ausgang der US-Wahlen Hoffnungen geweckt, dass internationale Kooperation künftig auch in Washington wieder großgeschrieben wird. Neben Klimaschutz, WHO und vielen anderen Themen wird seit Jahren an einer Agenda gefeilt, die die Besteuerung international tätiger Konzerne einigermaßen auf den Kopf stellen würde.

Das von der Industriestaatenorganisation OECD ausgearbeitete Konzept ist die Antwort auf die Versuche, Digitalkonzerne stärker zur Kasse zu bitten. Allerdings konnte selbst die EU bei dem Thema keinen Konsens finden, weshalb man eine Lösung auf internationaler Ebene anstrebt. Sollte die im kommenden Jahr nicht auf dem Tisch liegen, will die EU-Kommission vorpreschen.

Schutz für Google & Co

Ein Grund für das Lavieren ist der Widerstand der USA: Von einer Digitalsteuer wären vor allem Tech-Giganten wie Google, Amazon und Facebook betroffen, was die Administration unter Donald Trump als Angriff auf die USA wertet.

Daher beschritt die Staatengemeinschaft einen anderen Weg: Statt nur die IT-Riesen in die Mangel zu nehmen, soll die Besteuerung insgesamt stärker dort erfolgen, wo Konzerne ihr Geschäft machen, und nicht nur dort, wo sie ihren Sitz haben. Ein Beispiel: Amazon verkauft auch in Österreich viel, die Gewinne werden aber steuerschonend am Europa-Sitz in Luxemburg ausgewiesen. Künftig würde der heimische Fiskus stärker partizipieren.

Beispiel Red Bull

Allerdings ist das keine Einbahnstraße, denn auch außerhalb des digitalen Bereichs sollen die Länder, in denen die Produkte verkauft werden, stärker mitnaschen. Damit hätten beispielsweise auch die USA mehr vom Profit, den Red Bull dank hoher Verkäufe in den Vereinigten Staaten macht. Zweite Säule der geplanten Reform: Eine Art Mindeststeuer soll verhindern, dass Gewinne in Steuerparadiese verschoben werden. Mit der Maßnahme könnte das globale Steueraufkommen um 100 Milliarden Dollar steigen, hat die OECD berechnet. Mit diesem Punkt hatten bisher auch die USA keine Probleme.

Insgesamt befürworten 137 Staaten die Änderungen grundsätzlich. Ende kommender Woche könnten weitere Fortschritte erzielt werden – da beraten die Finanzminister und die Staats- und Regierungschefs der 20 größten Industrie- und Schwellenländer (G20) virtuell in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad auch über die Reform der Konzernbesteuerung.

350 Millionen mehr

Gut möglich, dass die von der Corona-Krise ausgehende Budgetnot die Zusammenarbeit beflügelt, wie Dominik Bernhofer hofft. Der Steuerexperte der Arbeiterkammer hat sich mit den ökonomischen Auswirkungen der auf dem Tisch liegenden Reform befasst und deren Auswirkungen auf Österreich berechnet. Das Land würde seine Steuereinnahmen um 300 bis 350 Millionen Euro steigern, besagt seine Schätzung.

Diese Summe ergebe sich vor allem aus der Mindeststeuer von 12,5 Prozent, die derzeit als Latte gesehen wird. Kaum Änderungen hätte hingegen die Verschiebung von Steuereinnahmen hin zu Ländern, in denen Waren und Dienstleistungen verkauft werden. Insgesamt sind die Vorteile für die Entwicklungs- und Schwellenländer am größten, aber auch die Industriestaaten zählen zu den Gewinnern. Verlierer wären die Steueroasen, sagt Bernhofer.

Er hofft, dass die Umstellung nun forciert wird, weil sonst durch unterschiedlichste nationale Regelungen ein Fleckerlteppich droht und die Konflikte zwischen verschiedenen Staaten wachsen. Bernhofer rechnet damit, dass dann ein Steuer- und Handelskrieg entsteht. (Andreas Schnauder, 16.11.2020)