Einkaufen bedeutet nicht nur, sich mit notwendigen Gütern einzudecken.

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Es war ein echtes Happening, das viele mit Bauchweh und Staunen verfolgten. Kauflustige stürmten Shoppingtempel und Einkaufsstraßen als gäbe es kein Morgen. Die Wiener Kärntner Straße, die Mahü, das Designer-Outlet in Parndorf, die Buchhandlungen in der Grazer Innenstadt, der Messepark in Dornbirn – gerammelt voll wie in alten Zeiten.

Sonder-Corona-Rabatte, mit denen vor allem modische Branchen ihre Ware losschlagen, weil sie auf einem Berg unverkaufter Ware sitzen, lockten obendrein. Den berühmt-berüchtigten Babyelefanten haben viele auf ihrer Schnäppchenjagd vergessen.

Muss man sich darüber wundern? Keineswegs. Dass Geschäfte die besten Impulserreger sind, ist empirisch belegt. Es gibt nichts, was bei Konsumenten im Guten wie im Schlechten für stärkere Kaufimpulse sorgt als die Realität. Und die ist nun einmal derzeit denkbar trist: Bald haben viele Geschäfte wieder zu. Dann heißt es wieder daheim hocken und digital shoppen. Wer will es jenen verdenken, die sich da noch schnell ins Getümmel stürzen – nicht selten bar jeder Vernunft?

Es waren viele, die sich österreichweit auf den Weg machten, um das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden: bummeln und Einkäufe erledigen, Maroniduft schnuppern, sich beim Würstelstand eine Jause gönnen. Ganz wie es in den vielen Lehrbüchern der Marketingstrategen steht. Denn der Konsument ist eine gut erforschte Spezies. In Wohlstandsgesellschaften wie der unsrigen will er beim Shoppen ein gutes Gefühl. Und neben Bedürfnissen die Neugier befriedigen.

Das Lehrbeispiel bot das Wochenende. Die einen konnten Rabatten nicht widerstehen, die anderen luden erneut ihre Einkaufswagerln mit Linsen, Klopapier und Nudeln voll, wieder andere legten sich Vorräte bei Rohstoffen wie Wolle oder Heimwerkerbedarf für die kommenden Tage zu. Das Verkaufspersonal vielerorts ratlos, die Konsumenten kaum zu bremsen.

Wen wundert’s. Viele Menschen wollen sich etwas gönnen – gemeinsam mit anderen –, solange es geht, und sich belohnen für all die Mühe, die der Corona-Alltag mit sich bringt. Der Handel wird ein Marktplatz bleiben. Das ist die gute Nachricht, denn es wird wieder Zeiten nach Corona geben. Und wer will da verödete Innenstädte? Den Marketingstrategen kann man nur raten, rasch das Kapitel über den Umgang mit Pandemien in ihre Weisheitensammlungen aufzunehmen. Das fehlt noch. (Regina Bruckner, 16.11.2020)