Erst letzte Woche wurde die neue Sonderbetreuungszeit fixiert. Gesetz ist sie noch nicht. Doch dieser Inhalt wird es wohl werden: Sonderbetreuungszeit ist keine Vereinbarungssache mehr, sondern ein Rechtsanspruch der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, und zwar für bis zu vier Wochen. Voraussetzung ist – vereinfacht – die notwendige Betreuung eines Kindes (bis zum vollendeten 14. Lebensjahr) zu Hause, weil "Einrichtungen aufgrund behördlicher Maßnahmen teilweise oder vollständig geschlossen" werden. Nun steht seit den letzten Pressekonferenzen fest: Schulen und Kindergärten werden im Lockdown nicht geschlossen werden, sie bleiben für eine Notbetreuung offen.

Wer sich darauf eingestellt hat, bei gleichem Einkommen statt der Arbeit sein Kind beim Homeschooling unterstützen zu können, hat sich zu früh gefreut. Solange die Schule (der Kindergarten) für die Betreuung dieses Kindes offen steht, wird es keine Sonderbetreuungszeit für diese Familie geben. Zumal der Arbeitnehmer laut Gesetz "alles Zumutbare zu unternehmen hat, damit die vereinbarte Arbeitsleistung zustande kommt".

Sonderbetreuungszeit oder Kinderbetreuung und Homeoffice gleichzeitig?
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Behördlich genau geprüft

Es ist zu erwarten, dass die Notwendigkeit der bezahlten Freistellung vor der Auszahlung des staatlichen Kostenersatzes behördlich genau geprüft werden wird. Wo eine Betreuung in der Schule (im Kindergarten) möglich war, wird es die staatliche Förderung nicht geben. Was das dann für die Arbeitsvertragsparteien bedeutet, ist fraglich. Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage, nach der die Sonderbetreuungszeit ihr Einvernehmen brauchte, wird es zukünftig eben gerade keine Vereinbarung mehr geben. Folglich sagen Arbeitgeber bei der Inanspruchnahme von Sonderbetreuungszeit auch nicht mehr die Entgeltfortzahlung zu, auf die sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verlassen könnten.

Vorsichtige Unternehmen werden sich bei der Inanspruchnahme einer Sonderbetreuungszeit genau vergewissern, ob die Kindesbetreuung wirklich nicht anders möglich ist. Bei Bedenken sollte vereinbart werden, unter welchen Voraussetzungen das volle Gehalt am Monatsende ausbezahlt werden wird: Für den Fall, dass der Kostenersatz des Bundes scheitert, könnte eine Umwandlung in Urlaubs- oder Zeitausgleichsverbrauch vorgesehen werden. Zumindest Vorbehalte auf den Lohn- und Gehaltsabrechnungen werden sinnvoll sein, um einen gutgläubigen Verbrauch zu verhindern.

Fragt sich nur, ob bei dieser für beide Seiten unerfreulichen Rechtslage das Ziel erreicht werden wird, dass die Schulen und Kindergärten in den nächsten Wochen weitgehend leer bleiben. (Kristina Silberbauer, 16.11.2020)