Wien – Letzter Tag vor dem harten Lockdown, kurz vor zehn Uhr Vormittag, Zufahrt zum Bauhaus in der Jägerstraße in Wien-Brigittenau: Der Stau in der schmalen Straße vor dem Baumarkt wird immer länger, der Parkplatz ist so gut wie voll. Viele Leute sind aus den benachbarten Stadtteilen zum Einkaufen gekommen, viele Handwerker und Heimwerker dürften dabei sein, das lässt sich aus dem Inhalt der Einkaufswägen schließen. Nicht wenige sind in der Arbeitsmontur gekommen, sie kaufen Lacke, Armaturen, Holz. Sieben von zehn Kassen in der großen Halle sind offen, die Leute stellen sich an – mit Abstand.

Pflanzen, Christbäume und viel Arbeitsmaterial waren beim Baumarkt nachgefragt.
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Nur an einer etwas weiter entfernten Kassa ist die Warteschlange länger: an jener, die der Gartenabteilung am nächsten liegt. Mehr als ein Dutzend Konsumenten warten da, eingekauft haben sie aber nicht nur für Gärten oder Terrassen: Viele stehen mit Adventkränzen in den Händen an, eine Frau hat sechs kleine lebende Christbäume auf ihr Lastenwagerl gepackt.

Gleicher Schauplatz, eine Viertelstunde später, vor dem Eingang: Der Stau bei der Zufahrt zum Baumarkt ist länger geworden, Hupen, die Autofahrer werden ungeduldig. Eines ist sicher: Für die Kassiererinnen drinnen wird es ein langer Tag, auch ihre Geduld wird auf die Probe gestellt werden.

Die Nerven der Verkäuferin in der Wäscheabteilung des Möbelhauses Leiner auf der Mariahilfer Straße, das Ende des Monats sowieso zugesperrt hätte vor dem großen Umbau, den René Benkos Signa dem Haus wird angedeihen lassen, liegen um diese Uhrzeit schon ein wenig blank. Soeben habe sie Kunden bitten müssen, das Haus zu verlassen, sie hätten den Mund-Nasen-Schutz verweigert, erzählt sie schon etwas grantig. "Wegen solcher Leute müssen wir in den Lockdown", ärgert sie sich. Ansonsten ist es im Haus nicht voller als sonst, nur unten, bei den kleineren Haushaltswaren und Leuchten, ist mehr los. Wobei schwer zu sagen ist, was magnetischer wirkt: die umbaubedingten Sonderangebote oder die Aussicht, ab Dienstag nicht mehr shoppen zu können.

Kaffee fürs Homeoffice ging wie die warmen Semmeln weg.
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Etwas stadtauswärts, die Einkaufsmeile Mariahilfer Straße Richtung Westbahnhof hinauf, ist recht viel los, mehr als an einem gewöhnlichen Wochentag. Vor dem Humanic hatte sich schon vor zehn Uhr eine lange Schlange Wartender gebildet, die Polizei war in einem Streifenwagen da und hatte die Szenerie mit Argusaugen beobachtet. Eine Stunde später hat sich der Schuhstau längst aufgelöst, es stellt sich niemand an, der Zustrom ins Geschäft wird jetzt geregelt. Angestellt wird aber trotzdem noch: Ein paar Leute warten vor dem Nespresso-Shop bei der Kirchengasse – und, wir sind im Bobo-Bezirk gelandet, vor dem Bio-Bäcker.

Möbel ohne Essen

Auch der große Möbelhändler Lutz im dritten Bezirk zwischen Südosttangente, Arsenal und Gürtel ist für Montagvormittag gut frequentiert. Das liegt wohl auch an den Rabatten von bis zu 50 Prozent, die auf Weihnachtsware gewährt werden (für viele andere Warengruppen sind die Preise um zwanzig Prozent reduziert). Allerdings fehlen aufgrund der Gastrosperre die Frühstücks- und Mittagsgäste, überwiegend Pensionisten, die das Einkaufen mit einem Restaurantbesuch verbinden. Wohl auch deshalb ist die Stimmung entspannt, es gibt weder Staus bei Ein- oder Ausfahrt noch Warteschlangen an Eingängen und Kassen.

Wären nicht alle maskiert, könnte man im Einkaufszentrum über dem Bahnhof Wien-Mitte den Eindruck gewinnen, als wäre der Montag ein ganz normaler starker Einkaufstag. Eilig tummelten sich in der Mittagspause Jung und Alt. Im Mediamarkt war zwar nicht die Hölle los, aber der Elektro- und Elektronikmarkt war gut besucht. Zahlreiche Kunden nutzten den letzten Tag, um noch schnell ein Druckerkabel, einen Staubsauger oder Zubehör für das Mobiltelefon zu kaufen. "Man weiß ja nicht, wann wieder aufgesperrt wird", sagt eine Dame, die an einer der zahlreichen Kassen in der Warteschlange stand. Reges Kommen und Gehen auch an den Pulten, an denen online bestellte Waren abgeholt werden können. Auch diese werden während des verordneten Ladenschlusses nicht besetzt sein, bestätigt eine Mitarbeiterin. Bleibt als einzige Beschaffungsmöglichkeit die Bestellung via Internet. (Renate Graber, Luise Ungerboeck, 16.11.2020)