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Foto: Reuters/DENIS BALIBOUSE

Wien – Mit großen Ankündigungen in der Klimapolitik wurde zuletzt nicht gespart: China will bis 2060 klimaneutral werden, Japan und Südkorea bereits zehn Jahre früher. Der US-Wahlsieger Joe Biden will die Nettonull bis 2050 erreichen – ein Ziel, das auch die Europäische Kommission anstrebt. Österreich will gar bis 2040 klimaneutral werden. Doch wie ernst meinen die Länder ihre Ambitionen angesichts der momentanen Wirtschaftskrise? "Die Politik ist in fast allen Ländern am Hin-und-her-Schwanken", meint Patrick Graichen, Direktor des Thinktanks Agora. Ob sich viele Staaten tatsächlich ökologisch aus der Krise herausinvestieren, werde sich erst in den kommenden zwölf bis 18 Monaten zeigen.

Dabei könne das aufkommende Paradigma der Klimaneutralität die Wirtschaft "grundlegend verändern", so Graichen. "Man muss in den nächsten fünf Jahren richtig was tun." Dabei ist die Umstellung auf erneuerbare Energien aus Sicht des Experten unumgänglich – nicht zuletzt, weil der Strombedarf bis 2050 aufgrund von Wärmepumpen, E-Autos und anderen Technologien um 50 Prozent steigen wird, wie Graichen vorrechnet. "Klimaneutralität heißt, dass Strom unsere Primärenergie sein wird." Dass sich Wasserstoffautos durchsetzen werden, hält Graichen für unrealistisch. Angesichts der angekündigten E-Auto-Flotten der großen Hersteller sei die Entscheidung im Mobilitätssektor längst getroffen – die Diskussion "beerdigt sich selbst".

Deutliche Reduktion bis 2030 nötig

Damit sich die Nettonull ausgeht, müssten Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 jedenfalls bereits um die 60 Prozent sinken, rechnete Graichen vor. Ob es in dem von der Regierung geplanten Klimaschutzgesetz eine Zwischenzieldefinition geben wird, ließ sich Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Montag im Anschluss an die Pressekonferenz nicht entlocken. Das Gesetz soll noch heuer in Begutachtung gehen. Anfang Oktober war noch die Rede davon, dass es in wenigen Wochen vorliegen werde.

Gewessler verwies abermals auf die hohen Kosten, die auf Österreich durch die Klimakrise zukommen. Im Jahr 2020 sei mit einem Betrag von 15 Milliarden Euro zu rechnen, sagte die Ministerin. "Die Kosten des Nichthandelns sind enorm." Gewessler schlägt ein "Upgrade Österreichs" vor, sie will "das Land ein Stück weit umbauen". Dabei soll sich die Republik ökologisch aus der Krise herausinvestieren, wiederholte die grüne Politikerin mit Verweis auf die Investitionsprämie, die Klimamilliarde und das 1-2-3-Ticket. Details zur geplanten CO2-Steuer wurden am Montag nicht bekanntgegeben. (lauf, 17.11.2020)