Wenn der Deckel der bekannten Küchenmaschine Thermomix aus dem Hause Vorwerk geöffnet wird, hält das Rühr- oder Messerwerk automatisch an. Der Küchenroboter Monsieur Cuisine Connect der deutschen Supermarktkette Lidl verhält sich genauso.

Dieser Umstand beschäftigt jetzt das Handelsgericht in Barcelona. Dort hat der Hersteller Vorwerk aus Wuppertal die zweitgrößte Supermarktkette weltweit, Lidl, wegen Verstoßes gegen das Patentrecht angeklagt. Die mündliche Verhandlung, bei der vor allem Sachverständige beider Seiten zu Wort kamen, ging am Donnerstag zu Ende. Die spanischen Richter werden in den kommenden Wochen zu einem Urteil kommen müssen.

Die Originale aus dem Wuppertal kosten ein Heidengeld. Was genau den Preis rechtfertigt, wird vor Gericht verhandelt.
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Vorwerk verlangt zehn Prozent dessen, was Lidl mit Monsieur Cuisine eingenommen hat, als Schadenersatz. Wie viele Geräte verkauft wurden, darüber schweigt sich die zweitgrößte Einzelhandelskette weltweit aus. Allerdings reicht ein Blick in die spanische Presse, denn bei jeder Promotion erschienen unzählige Artikel. Zuletzt im Juni dieses Jahres.

Insgesamt dürfte Lidl um die 90.000 der "billigen Thermomix" in Spanien abgesetzt haben. Der echte Thermomix steht in 14 Prozent der spanischen Haushalte. Mit über 1.000 Euro Neupreis ist er jedoch nicht für jedermann und jederfrau erschwinglich. Die ideale Marktlücke für einen Discounter: Lidls Monsieur Cuisine kostet gerade einmal 359 Euro.

Auf der Waagschale

Es ging bei der Anhörung nie um das große Ganze. Denn eine Küchenmaschine, die selbst kocht, als solche steht längst nicht mehr unter Patentschutz. Deshalb beschäftigt die Richter neben dem Messerwerk auch die eingebaute Waage, die jederzeit das Gewicht der Speisen anzeigt und es somit erlaubt, ganz genau Zutaten hinzuzufügen. "Etwas so Einfaches wie wiegen, während gekocht wird, erschien lange unmöglich", erklärte der Vorwerk-Vertreter die Vorzüge aus Sicht der Wuppertaler.

Lidl hingegen führt an, dass dies auch mehrere andere Maschinen können. Dem Thermomix fehle es an "Neuem und an erfinderischer Tätigkeit", erklärt Lidl und verlangt vom Gericht die Annullierung der Vorwerk-Patente der Version 6 der sich seit nunmehr immerhin vier Jahrzehnten auf dem Markt befindenden Thermomix.

Eine Küchenmaschine, die selbst kocht, steht als solche längst nicht mehr unter Patentschutz. Deshalb beschäftigt die Richter neben dem Messerwerk auch die eingebaute Waage, die jederzeit das Gewicht der Speisen anzeigt und es somit erlaubt, ganz genau Zutaten hinzuzufügen.
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Das Urteil wird in wenigen Wochen fallen. Ob es zugunsten von Vorwerk ausgeht, ist fraglich. Denn bereits vor sieben Jahren kam es in Spanien zu einem ähnlichen Prozess. Damals klagte Vorwerk gegen den Küchenroboter der spanischen Marke Taurus – und verlor.

Für Lidl ist es nicht das einzige Verfahren wegen Patentrechtsverletzung in Spanien. Ein Unternehmer aus Valencia klagt etwa gegen den Supermarktriesen, weil er seinen "Vegan Milker" kopiert habe. Mit dem Becher, einem Filter und einem Stößel lässt sich schnell und billig vegane Milch jeder Art herstellen.

Lidl brachte ein fast identisches Produkt mit dem Namen "Ernesto Veggie Drink Maker" weit unter dem Preis des Originals auf den Markt. Und das, obwohl der originale Vegan Milker beim europäischen Patentamt in München sowie in Spanien, Mexiko, China und den USA geschützt ist.

Schwere Geschütze

Auch in diesem Fall reagierte Lidl mit dem Versuch, das Patent annullieren zu lassen, und zog vor das Landgericht Mannheim.

Der Schuss ging allerdings nach hinten los. Das Landgericht gab dem spanischen Unternehmer recht und sprach ihm Schadenersatz zu. Das Berufungsverfahren in Deutschland steht noch aus. In Spanien wird im Februar in Sachen Vegan Milker vor einem Handelsgericht in Valencia verhandelt. (Reiner Wandler, 17.11.2020)