Wien – Das Corona-Jahr 2020 könnte für den ORF – Tochterunternehmen eingerechnet – wirtschaftlich besser enden, als noch vor den ersten dokumentierten Corona-Fällen in Österreich geplant. Diese ORF-interne Prognose basiert auf den ersten drei Quartalen 2020 und wurde vor dem neuerlichen Lockdown berechnet.

Andreas Nadler, Finanzdirektor des ORF, rechnet für 2020 mit einem zart besseren Konzernergebnis als budgetiert.
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Andreas Nadler, Finanzdirektor des ORF, rechnete zuletzt auf der Basis der Monate Jänner bis einschließlich September 2020 mit 22,5 Millionen Euro Konzernergebnis für den ORF mit Tochterunternehmen. Das wären 300.000 Euro mehr als im Finanzplan für 2020 budgetiert, der im Herbst 2019 erstellt und im Dezember 2019 von den Stiftungsräten beschlossen wurde. Auch das operative Ergebnis des ORF-Konzerns liegt mit zuletzt prognostizierten 9,1 Millionen Euro um 300.000 Euro über dem Finanzplan.

2020 fünf Millionen weniger aus der GIS

Tochterunternehmen des ORF sind etwa die für Werbe- und Programmvermarktung zuständige ORF Enterprise und die Gebührentochter GIS. Die GIS zählte mit Oktober einen Hauch – gut 1.000 – mehr Gebührenhaushalte als für Herbst 2020 geplant, insgesamt sind es knapp mehr als drei Millionen. Allerdings nahmen die Befreiungen aus sozialen Gründen, gekoppelt ans Haushaltseinkommen, mit dem Lockdown im Frühjahr zu. Rund fünf Millionen Euro weniger sollen nun 2020 über die GIS 2020 hereinkommen.

16 Millionen weniger Umsatz erwartet

Der ORF selbst, ohne Tochterunternehmen, soll nach aktueller Prognose mit 15,4 Millionen Ergebnis vor Steuern abschließen, das wären 400.000 Euro weniger, als im Finanzplan für 2020 vorgesehen; das operative Ergebnis 2020 des (laut Gesetz nicht gewinnorientierten) ORF wird derzeit mit 0,0 angesetzt, geplant waren 0,2 Millionen.

Der ORF-Konzern schloss das vergangene Jahr 2019 mit 1,053 Milliarden Euro Umsatz ab, der ORF allein mit 1,002 Milliarden. Die aktuelle Prognose geht für 2020 von Umsätzen des ORF (Einzelunternehmen) in der Größenordnung von 962 Millionen Euro aus, im Finanzplan für 2020 standen noch 978 Millionen.

Werbeminus 2020: Elf statt 34 Millionen

Die Werbeeinnahmen des ORF sind 2020 weniger drastisch eingeknickt, als im Frühjahr nach dem ersten Lockdown erwartet – damals rechnete der ORF im optimistischeren von zwei Szenarien mit 34 Millionen weniger klassischer Werbung und 40 Millionen weniger inklusive Sonderwerbeformen als für 2020 geplant. Der aktuelle Befund geht nach drei Quartalen von rund elf Millionen Euro weniger Werbeumsatz im laufenden Jahr aus. Sonderwerbeformen blieben grob innerhalb der Prognose aus dem Frühjahr – derzeit werden rund fünf Millionen weniger erwartet als für 2020 budgetiert.

Für 2020 ungeplante – und vor einem Jahr kaum planbare – Programmmehrkosten von 22 Millionen Euro im Corona-Jahr: ORF-General Alexander Wrabetz, hier bei den Medientagen 2020.
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22 Millionen mehr für Programm 2020

Im Budget 2020 noch nicht geplantes oder unter Corona-Bedingungen teureres Programm – darunter etwa das Lockdown-Schulfernsehen oder auch die eine oder andere Sonderprogrammierung von Corona-PKs – kosteten insgesamt rund 22 Millionen Euro mehr als budgetiert.

Rund fünf Millionen Mehrkosten für Corona sind nun außerhalb des Programms veranschlagt. Im ersten Halbjahr gingen interne Prognosen von zehn Millionen Euro Mehrkosten für Corona-Sicherheitsmaßnahmen wie die Isolationsbereiche für Mitarbeiter der aktuellen TV-Information aus.

Kurzarbeit ersparte dem ORF rund fünf Millionen Euro budgetierter Kosten, Personaleinsparungen brachten sieben Millionen nach aktuellem Stand für das Gesamtjahr 2020, Sachkosten und andere Einsparungen rund 18 Millionen Euro (etwa mit dem internen Koordinationsprojekt zentrales Ressourcenmanagement, das nun in "gemeinsames" Ressourcenmanagement umbenannt wurde),

29 Millionen Euro für Fußball-EM und Olympia nur vertagt

Die größte Einsparung 2020 – mit rund 29 Millionen Euro – ist aber zugleich der größte Zusatzaufwand 2021: die vertagten Sportgroßevents Fußballeuropameisterschaft und Olympische Sommerspiele. Die Fußball-EM plant man nun eine Million günstiger als heuer, die Olympischen Spiele in Tokio bleiben in etwa auf dem bisher geplanten Level. Dazu kommen aber 2021 rund zehn Millionen für Alpine und Nordische Ski-Weltmeisterschaften nun im selben Jahr.

2021, vor der Bestellung der nächsten ORF-Führung ab 2022 im Sommer 2021, soll das ORF-Großprojekt einer Streamingplattform starten. Der ORF-Player wird nach Informationen des STANDARD 2021 mit sechs Millionen Euro budgetiert, rund eine Million mehr als 2020. 2020 brauchte da Projekt weniger Mittel als geplant, es ging aber auch noch nicht on air. Der ORF wartete bisher ohne Ergebnis auf eine Gesetzesnovelle, die ihm die Streamingplattform erleichtern soll – vorerst darf er Beiträge nicht oder nicht zuerst fürs Internet produzieren.

Dazu kommen – beim Blick auf den gesamten Digitalaufwand des ORF – etwas weniger als 20 Millionen (wie bisher) für das in einem Tochterunternehmen betriebene ORF.at, wo der Player im ORF angesiedelt wird, und ebenfalls stabil budgetierte acht Millionen für die Digitalangebote der Landesstudios.

Antrag auf Gebührenerhöhung 2021

Für 2021 plant der ORF nach ersten Informationen vom Küniglberg nun – ohne Liegenschaftsverkäufe wie 2020 ein wesentlicher Faktor für die gut 15 Millionen – ein operatives Ergebnis von 200.000 Euro, also wie meist eine ohne Gewinnorientierung gebotene schwarze Null. Der ORF-Konzern soll 2021 (wiederum ohne Liegenschaftsverkäufe und andere einmalige Effekte) operativ 8,1 Millionen Ergebnis erreichen, etwas weniger als die operativ erwarteten knapp neun Millionen für 2020.

Diese Prognose geht aus von ...

  • mehr Abmeldungen wegen alleiniger Streamingnutzung und damit leicht sinkenden GIS-Einnahmen (der ORF wünscht sich schon eine Weile Gebühren auch für Streaming); zugleich wirken die erwarteten Mindereinnahmen aus der GIS mit weniger als einer Million überschaubar bei rund 640 Millionen Euro Gebühreneinnahmen und einem im Herbst 2021 anstehenden Antrag auf Gebührenerhöhung.
  • rund fünf Millionen weniger Werbeeinnahmen in Fernsehen und Radio als für 2020 budgetiert. Das waren immerhin rund 195 Millionen Euro (mehr als ProSiebenSat1Puls4 insgesamt 2019 in Österreich umsetzte) und ohne 2020 erwartete 16 Millionen Euro Onlinewerbung, die sich 2020 besser entwickelt als erwartet.
  • 2021 sollen sich Sonderwerbeformen und Lizenzerlöse wieder erholen.
  • zudem hat der ORF seine Satellitenverträge offenbar neu verhandelt und damit über die nächsten Jahre zweistellige Millionenbeträge eingespart.

(fid, 17.11.2020)