Viele Familien in der Republik Moldau sind auf soziale Hilfe angewiesen – leidtragend sind vor allem Kinder.
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Während in reichen Staaten wie Österreich jene, die ihre Jobs zurzeit nicht ausüben können oder ihre Arbeit verloren haben, vom Staat unterstützt werden, ist die soziale und finanzielle Situation der Familien in armen europäischen Staaten wie in der Republik Moldau durch die Pandemie viel bedrohlicher. Es gibt kaum Sozialleistungen – und manche Familien wissen nicht, wie sie nun Waschmittel, Windeln oder Schulbücher kaufen sollen.

Die Familie Gutanu mit drei Kindern hat auch das Problem, dass die Kinder dem Fernunterricht in der Corona-Krise nicht folgen können, weil sie keinen Computer haben. Die österreichische Hilfsorganisation Concordia, die seit Jahrzehnten in Moldau den Allerärmsten hilft, hat die Kinder der Familie Gutanu nun in ihr Tagesprogramm aufgenommen. Sie bekommen nun in Nisporeni, in der Nähe der rumänischen Grenze, ein warmes Mittagessen, Schulmaterial, aber auch Lebensmittel. Die Eltern haben ihren Job verloren.

Ernteausfälle wegen Dürre

Viele Menschen in der Republik Moldau haben schon in Zeiten der Sowjetunion vom Anbau von Obst und der Kultivierung von Wein gelebt. Doch die sommerliche Dürre hat heuer einen schweren Ernteausfall gebracht. Teils sanken die Ernteerträge wegen des Wassermangels im Sommer auf die Hälfte der üblichen Menge. Ein Drittel der Bevölkerung ist in der Landwirtschaft beschäftigt. Während die großen industriell geführten Landwirtschaften die Krise besser bewältigen können, weil sie auch staatliche Unterstützung bekommen, kommen die Kleinbauern in eine existenzbedrohliche Situation.

Die Unterstützung der Landwirtschaft war auch ein Thema im vergangenen Wahlkampf. Doch obwohl Russland finanzielle Unterstützung angeboten hatte, gewann am Sonntag die prowestliche Kandidatin Maia Sandu und besiegte damit den Kreml-nahen Politiker Igor Dodon. Moldau ist seit 30 Jahren zwischen einer prowestlichen und einer prorussischen politischen Ausrichtung hin- und hergerissen. Dem Staat wurde seitens der EU aber keine Mitgliedschaft in Aussicht gestellt.

Auslandsstimmen entscheidend

Weil hunderttausende Moldauer wegen der großen Armut in ihrem Land im Ausland leben, spielten die Auslandsstimmen – ähnlich wie bei den Rumänen – bei der Wahl eine große Rolle. 262.000 Stimmen wurden von der Diaspora abgegeben, die weit weniger unter dem Einfluss der prorussischen Medien im Lande steht.

Dodon nannte die Diasporastimmen im Wahlkampf ein "Parallel-Elektorat" und handelte sich damit viel Kritik ein, denn die Auslandsmoldauer unterstützen ihre Familien zu Hause mit überlebenswichtigen Transferzahlungen. Seit der Pandemie schickt die Diaspora noch mehr Geld, doch wer keine Familienangehörigen im Ausland hat, braucht lebensnotwendig Unterstützung von NGOs, um die Krise bewältigen zu können.

Auslieferung von Lebensmittelpaketen

"Die diesjährige Dürreperiode bedeutet für viele Familien 100 Prozent Ernteausfall und Hunger. Und der Winter verheisst Frost. Concordia betreut vor Ort Kinder, Jugendliche und Familien und hilft mit notwendigen Lebensmittel wie Reis, Mehl, Zucker, Öl und Brennholz", sagt Ulla Konrad, Vorstandsvorsitzende von Concordia Sozialprojekte zum STANDARD. Die Auslieferung von Lebensmittelpaketen sei während des Lockdowns und aufgrund der steigenden Zahl der von extremer Armut Betroffenen infolge der Pandemie und der Dürre als Krisendienst entwickelt worden, erzählt sie. (Adelheid Wölfl, 17.11.2020)