Energieverbrauch auf einer Landkarte? Ein Forschungsprojekt macht es möglich. Die gewünschten Daten jeder Gemeinde lassen sich per Mausklick leicht ablesen.

Foto: Energiemosaik

Im Kampf gegen den Klimawandel sind die Reduktion des Energieverbrauchs sowie der Treibhausgasemissionen wesentliche Maßnahmen. Welche Effekte von ihnen zu erwarten sind, hängt aber auch vom jeweiligen Ist-Stand dieser Werte ab.

Während auf EU-Ebene und auf der Ebene einzelner Staaten solche Daten schon lange verfügbar sind, gab es sie auf Ebene einzelner österreichischer Gemeinden bisher nicht. Diese Lücke schließt das "Energiemosaik Austria", eine kommunale Energie- und Treibhausgasdatenbank, die über die Website öffentlich und kostenlos zugänglich ist.

Das Energiemosaik ist eine Entwicklung von Forschern des Instituts für Raumplanung, Umweltplanung und Bodenordnung der Universität für Bodenkultur. Gefördert wurde das Projekt von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG und dem Klimaschutzministerium.

Kern des Energiemosaiks ist ein mathematisches Modell, das den Energieverbrauch und die Treibhausgasemissionen für jede einzelne Gemeinde in Österreich berechnet (für Wien auf Bezirksebene). "Das Energiemosaik ist eine Orientierungshilfe für Gemeinden und Regionen, um Strategien für mehr Klimaeffizienz zu entwickeln", sagt Projektleiterin Lore Abart-Heriszt. "Wenn man genau weiß, wofür wie viel Energie verwendet wird, kann man zielgerichtet ansetzen."

Fünf Verbrauchergruppen

Das Energiemosaik geht von fünf Verbrauchergruppen aus: Wohnen, Land- und Forstwirtschaft, Industrie und Gewerbe, Dienstleistungen sowie Mobilität. Für jede dieser Gruppen werden die beiden Kenngrößen Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen errechnet. Auf Wunsch werden sie weiter nach den Verwendungszwecken Wärme, Prozesse oder Transport aufgeschlüsselt. Außerdem ist die Differenzierung nach dem jeweiligen Energieträger, also fossil oder erneuerbar, möglich. Eine naheliegende Frage ist es, wie man Mobilität einzelnen Gemeinden zuordnen kann.

Hier haben die Forscher einen pragmatischen Ansatz gewählt: Wirtschaftsverkehr wird dem Stammsitz des Unternehmens zugeschrieben, das ihn verursacht. Berufsverkehr bei der Hinfahrt dem Ort des Arbeitsplatzes, bei der Heimfahrt hingegen der Wohngemeinde. Das gleiche Prinzip gilt auch für Fahrten zu beziehungsweise von Ausbildungsstätten. Reise- und Ausflugsverkehr fällt immer in die Bilanz der Heimatgemeinde der Reisenden.

Das Modell basiert auf verschiedenen Datensätzen und Verknüpfungen zwischen diesen. Dabei handelt es sich fast durchwegs um Daten der amtlichen Statistik. Dadurch konnte eine gleichbleibende Datenqualität für jede Gemeinde gewährleistet werden. Den größten Anteil an den zugrunde liegenden Strukturdaten haben die Erhebungen der Registerzählung.

Diese umfassen Zahlen zur Wohnnutzung, zur Beschäftigung und zum Pendelverhalten. Die Mobilitätsdaten stammen mehrheitlich aus der Erhebung "Österreich unterwegs" des Klimaschutzministeriums. Weitere Inputdaten stammen aus der Agrarstrukturerhebung, aus dem österreichischen Baukulturreport und aus der Waldkarte des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW).

Interaktiv und individuell

Auf einer interaktiven Österreich-Karte kann man sich per Cursor für jede Gemeinde die gewünschten Daten anzeigen lassen. Im Funktionsumfang ist auch die automatische Erstellung individueller Diagramme enthalten. Beispielsweise kann man mehrere Gemeinden auswählen und so Regionen selbst definieren, deren Verbrauchswerte dann summiert dargestellt werden.

Ein praktisches Feature ist die automatische Generierung sogenannter Portfolios. Dafür wählt man eine oder mehrere (maximal 80) Gemeinden aus und erhält ihre sämtlichen Energie- und Strukturdaten in Form eines mehrseitigen Berichts. Außerdem stehen alle Daten im maschinenlesbaren CSV-Format zur Verfügung, sodass Interessierte eigene Auswertungen durchführen können.

Man sollte sich jedoch davor hüten, Gemeinden nur auf Grundlage der nackten Daten zu vergleichen und daraus ein Besser-schlechter-Ranking abzuleiten, warnt Abart-Heriszt. Die Wissenschafter haben im Zuge des Projekts nämlich auch sechs Gemeindetypen identifiziert – je nach der jeweils dominanten Art von Energienutzung. So gibt es typische Industrie-, Gewerbe- oder Dienstleistungsgemeinden. Aber eben auch Gemeinden, in denen vorwiegend gewohnt oder Landwirtschaft betrieben wird.

"Ein Vergleich der Gemeindegrößen sagt deshalb nicht viel aus", meint die Raumplanerin. "Auch gleich große Gemeinden können sehr unterschiedliche Energieverbräuche aufweisen, weil sie unterschiedliche Funktionen erfüllen." Deswegen stellt das Modell auch keine Pro-Kopf-Daten zur Verfügung, sondern lediglich die absoluten Zahlen. Die Website enthält außerdem zahlreiche Informationen zu Themen wie Wohnen, Mobilität, Energienutzung oder Energieträgern. Denn, so Abart-Heriszt: "Das Energiemosaik versteht sich auch als Instrument der Sensibilisierung von Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit." (Raimund Lang, 25.11.2020)