An der TU Graz arbeitet man – wie an weiteren 16 Universitäten des Landes – an der Klimaneutralität des Hochschulbetriebs.

Foto: APA / TU Graz / Helmut Lunghammer

Es ist verführerisch, für 50 Euro zu einer Konferenz nach Barcelona zu fliegen. Auch wenn die Tagung für die eigene Karriere weniger relevant ist, lockt die schöne Stadt. Mit dieser Art Konferenztourismus in den Wissenschaften soll – auch nach der Corona-Krise – bald Schluss sein. Denn der Flugverkehr ist einer der größten Posten in der Treibhausbilanz von Unis. Auch sie peilen eine absehbare Klimaneutralität an.

In Österreich wurde die Allianz Nachhaltige Universitäten gebildet, in der 17 der 22 öffentlichen Unis aktuell Mitglieder sind. Viele davon wollen 2030 klimaneutral sein – also zehn Jahre vor dem Österreich-Ziel. In dem von der Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb initiierten Zusammenschluss wurde etwa bereits ein eigenes Tool zur unkomplizierten Erstellung der Treibhausbilanz entwickelt, das die Allianzuniversitäten nun anwenden. Auf dieser Basis werden dann Strategien entworfen, die zur Klimaneutralität führen sollen.

Gebäudesanierungen

Allianz-Koordinatorin Lisa Bohunovsky vom Zentrum für globalen Wandel und Nachhaltigkeit der Wiener Boku sieht für ihre Universität drei große Bereiche, in denen es gilt, CO2-Emissionen zu senken. Fernwärme, Mobilität und Elektrizität. "Es ist wichtig, den Bedarf an Heizwärme zu reduzieren. Wir erreichen das mit Gebäudesanierungen. Neubauten haben Niedrigenergie- oder Passivhausstatus", erklärt Bohunovsky.

Stolz ist man punkto CO2-Bilanz auf einen neuen Holzbau. Um technische Aspekte wie Laborlüftungen effizienter zu machen, wird eigene Forschung im Haus betrieben. Beim Strom ist die nötige Maßnahme vergleichsweise einfach: Ab 2021 steigt die Uni auf zertifizierten Ökostrom um.

Um effizientere Gebäudetechnik kümmert man sich auch an der Uni Klagenfurt, ebenfalls eine Allianz-Universität. Umweltbeauftragte Judith Biedermann, die für Gebäude und Technik zuständig ist, zählte eine ganze Reihe von Maßnahmen auf – von der Ausstattung mit LED-Lampen über neue Photovoltaik-Anlagen bis zum Fenstertausch.

"Wir hatten das Glück, dass in den letzten Jahren viel saniert und umgebaut wurde", sagt sie. Somit konnten viele Maßnahmen gleich umgesetzt werden. Für den Standort ist auch der Arbeitsweg der Bediensteten, der vielfach mit dem Auto zurückgelegt wird, ein großes Thema. Man baut so viele Fahrradüberdachungen und Elektroladestationen wie möglich.

Im Bereich der Mobilität sind bei allen Unis die Flugreisen ein Knackpunkt – und schwer zu umgehen. Dennoch: "In der Covid-Zeit haben wir gesehen, dass man mit wenigen Flügen auskommen und trotzdem in gutem Kontakt mit Forschungspartnern bleiben kann", sagt Günter Getzinger (siehe Interview Günter Getzinger), der diesen Prozess für die TU Graz koordiniert. Meetings für EU-Projekte seien etwa leicht mit Telekonferenzen ersetzbar. Auch die "Jet Scientists", die auf Konferenzen ihre Keynotes abliefern, müssen nicht immer vor Ort sein. Doch gerade für junge Forscher ist der informelle Teil von Tagungen, bei dem sie ihr Netzwerk erweitern und Kooperationen schmieden, wichtig und karriererelevant.

Kompensationssystem

Insgesamt werde von den heutigen CO2-Emissionen seiner Uni im Jahr 2030 etwa ein Rest von zehn bis 20 Prozent übrig bleiben, den man dann kompensieren müsse, schätzt Getzinger. An der Wiener Boku hat man bereits ein eigenes Kompensationssystem geschaffen, bei dem man zum Beispiel mit Aufforstungsprojekten in Ländern wie Äthiopien kooperiert, die ebenso von den Forschern betreut werden. Dieses Kompensationssystem steht auch Unternehmen und Privatpersonen offen.

Für Bohunovsky ist die Zielsetzung 2030 schaffbar, wenn auch "keine g’mahte Wiesn". Immerhin: Die Herausforderungen sind viel geringer als in weiten Teilen der Industrie. "Wenn es in einer Einrichtung der tertiären Bildung nicht rasch klappt, dann ist es überall anders aussichtslos", sagt Getzinger dazu. (Alois Pumhösel, 19.11.2020)