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Die Hände sind oben, die Maske nicht.

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Die Polizei setzte Wasserwerfer gegen die Demonstranten ein.

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Die Exekutive forderte die Teilnehmer mehrmals vergeblich auf, den Versammlungsort zu verlassen.

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Blick auf den Versammlungsort.

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Der gefährlichste Mann Deutschlands ist für die junge Frau, die Mittwochmittag am Brandenburger Tor steht, Jens Spahn (CDU). Ein selbstgebasteltes Plakat zeigt den deutschen Gesundheitsminister in gestreifter Sträflingskleidung. "Schuldig" steht quer über seine Brust geschrieben.

"Merkel verhilft ihm zu totaler Macht, das hat nichts mehr mit Demokratie zu tun", sagt die Frau und erklärt, warum sie an der Demo gegen die Corona-Politik der deutschen Regierung teilnimmt: "Wir sind das Volk, wir wollen keine Diktatur."

Der reale Jens Spahn sitzt derweil wenige Meter Luftlinie entfernt im Bundestag und verfolgt, wie jenes Gesetz beraten wird, das so umstritten ist: das Infektionsschutzgesetz aus seinem Hause.

Auch im Bundestag gehen die Meinungen darüber auseinander. Während die Koalitionsfraktionen es als solide Grundlage für Einschränkungen während der Pandemie betrachten, schimpfen FDP, Grüne und Linke, dass das Gesetz viel zu hastig zusammengezimmert wurde. Die AfD sieht überhaupt die größten Grundrechtseingriffe aller Zeiten.

Konkret dreht sich der Streit um Paragraf 28 des zwanzig Jahre alten Gesetzes. Darin heißt es, dass die Behörden in einer gesundheitlichen Gefahrenlage "notwendige Maßnahmen" zum Schutz der Bevölkerung ergreifen können.

Doch die große Koalition wollte diese "Generalklausel" rechtssicher machen, weil einige Maßnahmen (etwa Beherbergungsverbote) in den vergangenen Monaten von Gerichten gekippt worden waren.

Blankoscheck für Verwaltungen

In einem neuen Paragrafen 28a werden die Maßnahmen, die per Verordnung eingeführt werden können, aufgelistet. Dazu zählen Maskenpflicht, Abstandsgebote, Kontaktbeschränkungen oder das Schließen von Geschäften – was ja alles schon geschehen ist. Kritiker wie FDP-Chef Christian Lindner bemängeln, dass der Bundestag nur Zuschauer am Spielfeldrand bleibt, da das Gesetz den "Charakter eines Blankoschecks für Verwaltungen" habe.

Von einem "Ermächtigungsgesetz" spricht der AfD-Abgeordnete Karsten Hilse, der im Bundestag auch schon mit "Querdenker-T-Shirt" aufgetreten war.

Kundgebungen verboten

AfD-Fahnen waren auch bei der Demo von "Querdenkern" im Regierungsviertel zu sehen. Eigentlich hätte der Protestzug direkt am Bundestag vorbeiziehen sollen, doch Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte zwölf Kundgebungen verboten, da im Internet zuvor dazu aufgerufen worden war, die Abgeordneten am Betreten des Bundestags zu hindern.

Zudem wollte man Szenen, die sich Ende August in Berlin bei einer Demo abgespielt hatten, diesmal von vornherein unterbinden. Damals stürmten "Reichsbürger" mit ihren Flaggen die Stiegen des Reichstags und wollten ins Gebäude.

Dass die Demo in aufgeheizter Stimmung ablaufen würde, hatte sich schon Tage zuvor abgezeichnet. In den Mailfächern von Bundestagsabgeordneten der Koalitionsfraktionen gingen zehntausende Protestmails ein. Alleine der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erhielt 37.000 überwiegend identische Zusendungen.

Demonstranten ohne Maske

Wie schon bei vorherigen Demos gegen die Corona-Politik der Regierung trugen viele Teilnehmer auch diesmal wieder keine Masken, woraufhin die Polizei die Demo zu Mittag für beendet erklärte.

Doch die Protestierenden wollten nicht weichen, riefen "Wir bleiben hier!" und "Wir sind das Volk!". Darauf setzte die Polizei stundenlang Wasserwerfer ein.

Besuch vom Staatsschutz bekam der als "Vegan-Koch" bekannt gewordene Attila Hildmann. Er hatte mehrfach den Holocaust geleugnet und deutsche Politiker bedroht. Zudem warnt er vor "Zwangsimpfungen" und sieht sich selbst als "politisch Verfolgter". (Birgit Baumann aus Berlin, 18.11.2020)