Damit Obdachlose nicht in U-Bahn-Stationen übernachten müssen, gibt es in Wien seit elf Jahren das Winterpaket. In der kalten Jahreszeit werden 900 zusätzliche Notschlafplätze eröffnet.

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Der Blick in ein Zimmer einer Notunterkunft in Floridsdorf. In einigen Einrichtungen können obdachlose Menschen, die positiv auf Corona getestet wurden, auch abgesondert werden. Zusätzlich gibt es auch Quarantänequartiere.

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Es wird kalt auf Österreichs Straßen, doch noch immer müssen einige Menschen draußen übernachten. Heuer kommt der Lockdown inklusive Ausgangsbeschränkungen hinzu. Doch wo hin, wenn man keine Wohnung hat? Die Corona-Pandemie hat die Situation der Ärmsten noch verschärft.

In Salzburg kann die Notschlafstelle im Haus Franziskus wegen der Enge derzeit nur zur Hälfte belegt werden. Normalerweise finden dort 87 Menschen Platz – auf 50 Plätzen davon werden Bettler untergebracht. Aufgrund der Abstandsregeln können hier nur noch maximal 45 Obdachlose schlafen. Im Haus Elisabeth ist zudem Platz für 13 obdachlose Frauen. Einige Bettler, die nun keinen Platz mehr im Haus Franziskus haben, übernachten derzeit mit dicken Decken unter der S-Bahn-Station in Mülln.

Die Suche nach einem zusätzlichen Quartier zog sich hin, doch ab Donnerstag sollen die Obdachlosen aus dem Haus Franziskus nun in einem leerstehenden Hostel am Bahnhof untergebracht werden, die Bettler können dann wieder im Haus Franziskus übernachten. Das Hostel werde für soziale Zwecke umgewidmet und sei sofort bezugsfertig, heißt es aus dem Büro von Soziallandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne). Die Caritas wird die rund um die Uhr geöffnete Notunterkunft betreiben. Die rund 250.000 Euro Mietkosten werden vom Land und den Gemeinden getragen.

900 zusätzliche Plätze durch Winterpaket in Wien

Besser vorbereitet war man in Wien. Die Stadt schnürt seit elf Jahren in der kalten Jahreszeit das Winterpaket. Durch eine Aufstockung um 900 Plätze in den Notquartieren soll vermieden werden, dass Personen auf der Straße erfrieren. Insgesamt stehen so 1.600 Plätze zur Verfügung. In den Tageszentren wurden die Maximalkapazitäten bereits im Frühjahr reduziert, im Winter gibt es nun drei zusätzliche Wärmestuben. Das Angebot werde von den Betroffenen "gut angenommen", heißt es seitens des Fonds Soziales Wien (FSW). Die Auslastung liegt derzeit bei rund 80 Prozent und damit vorerst etwas unter dem letztjährigen Durchschnitt. Die ganz kalten Monate liegen allerdings noch vor uns.

Bei Obdachlosen handle es sich auch um eine besonders vulnerable Gruppe mit vielen Vorerkrankungen, gibt Torsten Bichler, der Leiter der Salzburger Wohnungslosenhilfe der Caritas, zu bedenken. Österreichweit sind die Sicherheits- und Hygienevorgaben in den Notunterkünften und Tageszentren verschärft worden. In allgemeinen Bereichen gilt Maskenpflicht, es gibt Desinfektionsspender, es wird Fieber gemessen, und auch auf den Mindestabstand werde geachtet. Neu ist heuer, dass die Notquartiere erstmals auf 24-Stunden-Betrieb umgestellt haben, um die einzelnen Tagesstandorte zu entlasten. Eine bestimmte Personenhöchstzahl pro Quadratmeter ist allerdings nicht vorgeschrieben.

Quarantänequartiere

Aber wohin sollen obdachlose Menschen in Quarantäne, wenn sie positiv auf Corona getestet werden? In Wien gibt es die Möglichkeit, dass die Menschen in der jeweiligen Einrichtung abgesondert werden, zusätzlich wurden eigene Quarantänequartiere eingerichtet. In Salzburg wird in dem Hostel zusätzlich ein eigenes Stockwerk für elf Covid-positiv Getestete, die nur leichte Symptome haben, zur Verfügung stehen.

In Innsbruck fehlt ein solches Angebot derzeit noch komplett. Die Streetworker vom Verein für Obdachlose (VfO) hoffen, dass bald eine Lösung für ihre Klienten gefunden wird. Noch laufen Verhandlungen mit Stadt und Land Tirol. "Die Zeit drängt, und eine Lösung ist überfällig. Denn das Risiko eines Clusters ist unter den Wohnungslosen besonders hoch", sagt VfO-Obmann Michael Hennermann und appelliert an die politisch Verantwortlichen, endlich zu handeln. Die Pandemie dauere nun schon acht Monate, doch dieses Thema wurde bislang gänzlich ausgespart. Zwar wurde auch in Innsbruck bereits vor Monaten ein Hotel angemietet, doch es ist zur Unterbringung von Touristen sowie Tourismusangestellten vorgesehen, die in Quarantäne müssen.

Aussichtslose Mietrückstände

Zu Jahresende könnten weitere Menschen wohnungslos werden. Im ersten Lockdown im Frühjahr wurden die Delogierungen ausgesetzt – und Mieter konnten im April, Mai und Juni ihre Miete reduzieren. Diese muss allerdings nun bis Jahresende inklusive Verzugszinsen zurückbezahlt werden. Das können sich viele weiterhin nicht leisten. Die Anzahl an Verfahren bei Gericht nehme bereits zu, heißt es von der Delogierungsprävention in der Stadt Salzburg. Meist sei die Situation schon aussichtslos – die Mietrückstände könnten nicht mehr vom Sozialamt oder karitativen Einrichtungen übernommen werden. (Steffen Arora, Vanessa Gaigg, Stefanie Ruep, 19.11.2020)