Seit Jahren wegen salafistischer Umtriebe im Fokus: die Tewhid-Moschee in Wien-Meidling.

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Es war die erste große Aktion der Bundesregierung nach dem Attentat: Innenminister Karl Nehammer und Kultusministerin Susanne Raab (beide ÖVP) ordneten am 6. November die Schließung zweier Moscheen an, in denen auch der Attentäter K. F. verkehrte. Eine davon, die Tewhid-Moschee in Wien-Meidling, ist hinlänglich für ihre salafistischen Umtriebe bekannt. Seit 2016 ist sie als Folge des Islamgesetzes bei der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) registriert.

Die Regierung brauchte die IGGÖ auch, weil nur die Religionsvertretung einzelnen Moscheegemeinden die rechtliche Grundlage entziehen kann. Mit dem Argument, dass Gefahr im Verzug sei, soll Raab ihr Ansinnen bei einem Treffen mit IGGÖ-Präsident Umit Vural schließlich durchgesetzt haben – der Oberste Rat der IGGÖ entzog der Moschee die Rechtspersönlichkeit.

Gefahr im Verzug könnte als Argument aber nun zu wenig sein. Zumindest wies die Glaubensgemeinschaft bereits vergangene Woche darauf hin, dass Raab keine konkreteren Vorwürfe für die Schließung der Moschee angeführt haben soll und die Moscheegemeinde daher gute Chancen hätte, sich vor dem IGGÖ-Schiedsgericht zu wehren. Am Mittwoch ging schließlich eine Beschwerde der Betreiber der Tewhid-Moschee gegen die Entscheidung des Obersten Rats der IGGÖ ein, bestätigt eine Sprecherin der Glaubensgemeinschaft dem STANDARD.

Entscheidung binnen acht Wochen

Das Schiedsgericht muss sich nun innerhalb von zwei Wochen zusammenfinden – binnen acht Wochen muss es eine Entscheidung fällen. Sollte die Schließung der Moschee tatsächlich nicht ausreichend begründet sein, könnte ihr ihre Rechtspersönlichkeit wieder zuerkannt werden. Ändert das Schiedsgericht seine Meinung nicht, kann die Moscheegemeinde noch zivilgerichtlich dagegen vorgehen. Spätestens dann müssten die Sicherheitsbehörden eine Begründung dafür vorlegen, warum durch die Tewhid-Moschee die öffentliche Sicherheit gefährdet gewesen sei, gibt man in der IGGÖ zu bedenken. Die Glaubensgemeinschaft will auch Anfang des Jahres vom Verfassungsschutz vernommen haben, dass die Moschee keine Gefahr mehr darstelle.

Aus dem Kultusministerium heißt es wiederum, dass die Moschee deshalb geschlossen wurde, weil die Sicherheitsbehörden festgestellt hatten, dass "der Attentäter die betreffende Moschee wiederholt besucht hat und seine Radikalisierung in dieser Moschee begünstigt wurde". Diese Sachlage sei der IGGÖ umgehend dargelegt worden. "Was eine allfällige Beschwerde der Einrichtung betrifft, handelt es sich hier ausschließlich um einen Vorgang innerhalb der IGGÖ", erklärt ein Sprecher des Ministeriums. "Fakt ist, dass die Moscheegemeinde wegen Verfehlungen nach dem Islamgesetz geschlossen wurde und der dahinterliegende Verein nach dem Vereinsrecht durch einen Bescheid des zuständigen Innenministeriums aufgelöst wurde."

Es wäre nicht das erste Mal, dass eine österreichische Regierung daran scheitert, mutmaßlich radikale Moscheen zu schließen. Die türkis-blaue Regierung biss sich bereits 2018 an einem Formalfehler die Zähne aus. Gernot Blümel (ÖVP) wollte damals als zuständiger Minister dafür nach einem Tipp des damaligen IGGÖ-Präsidenten Ibrahim Olgun die Arabische Kultusgemeinde auflösen, weil sie damals nur aus sieben Moscheen bestand. Laut IGGÖ-Verfassung müssen es aber mindestens zehn sein. Das Problem war: Blümel räumte der Kultusgemeinde keine Frist ein, dies zu ändern, weshalb das Verwaltungsgericht Wien die Auflösung aufhob. (Jan Michael Marchart, 19.11.2020)