Mehr als die Hälfte aller Covid-Toten in Heimen wurde allein in den letzten 40 Tagen verzeichnet.

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Es waren erschütternde Zahlen, die am Donnerstag die Runde machten. Mehr als die Hälfte der Covid-19-Opfer in Heimen (323 von 607) ist zwischen Anfang Oktober und Mitte November verstorben, ging aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage durch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hervor.

Der Aufschrei aus der Politik kam prompt: Es sei "offensichtlich, dass mehr für Corona-Schutzmaßnahmen in den Pflegeheimen getan werden muss", forderte etwa Neos-Abgeordneter Gerald Loacker.

Ein Blick auf die Bundesländer zeigt aber grobe Unterschiede: So fielen laut den Daten im Burgenland sämtliche Corona-assozierten Todesfälle in diesen Zeitraum, in Niederösterreich waren es 91 Prozent. Seit Oktober liegt der Anteil von in Heimen verstorbenen Corona-Opfern an allen Todesfällen österreichweit bei knapp 38 Prozent, in der Steiermark bei 51 Prozent, in Vorarlberg nur bei 26 Prozent. Auffallend ist in dem Zusammenhang das Alter der infizierten Personen. In Vorarlberg ist es recht niedrig: Nur 13 Prozent von ihnen sind über 65 Jahre alt, niedriger ist dieser Prozentsatz nur noch in Wien; über Österreich hinweg sind es 15 Prozent. Den höchsten Altersschnitt haben momentan die infizierten Personen in der Steiermark, gefolgt von Tirol.

Vergleichbar mit Rest des Landes

Aus Kärnten lagen zu den Todesfällen in Heimen in der Beantwortung keine Informationen vor. Laut Gesundheitsministerium wurden diese nicht eingemeldet. Auch der Landespressedienst konnte am Donnerstag auf Anfrage des STANDARD keine Zahlen liefern – wenngleich über den Herbst immer wieder von Clustern in Kärntner Heimen berichtet wurde, infolge derer auch Menschen starben.

Die Lage in den Heimen ist ernst, das ist klar. Doch ein Blick auf den Frühling zeigt: Das ist sie bereits länger. Schon zwischen dem ersten Todesfall in Österreich am Mitte März und Mitte Juni waren rund 36 Prozent aller Corona-Todesfälle in Heimen zu beklagen – die Entwicklung verläuft also relativ konstant. Damals, das zeigte eine Studie des Gesundheitsministeriums, waren 260 Altersheimbewohner an Covid-19 verstorben. Bis 12. November waren es insgesamt über 600.

Auch was die Gesamtbevölkerung betrifft, fällt die Hälfte der Todesfälle seit Beginn der Pandemie von an oder mit Covid-19 verstorbenen Personen in den Zeitraum seit Oktober. Knapp formuliert: Steigen die Zahlen insgesamt, so steigen sie in einer ähnlichem Relation auch in den Heimen. Aus Niederösterreich kommt dazu ein Dementi, was die Zahlen angeht. Nicht 81 Personen seien seit Oktober in Heimen im Zusammenhang mit Covid verstorben, sondern 52.

Auch ein Blick auf die Übersterblichkeit in Alters- und Pflegeheimen gibt Aufschluss. Markus Schwarz ist Direktor der Senecura-Gruppe, eines privaten Pflegeheimbetreibers. Schwarz hat den Überblick über 65 Häuser, verteilt über ganz Österreich. "Ich verstehe die Panik nicht", sagt er, weil er die aktuellen Sterberaten in seinen Häusern mit den Sterberaten aus den drei vorigen Jahren vergleicht. Da gab es Jahre, wo die Sterberaten sowohl höher als auch niedriger waren, sagt er, "im Herbst und Winter verzeichnen wir aber immer mehr Todesfälle", sagt er, das liege auch an der Jahreszeit.

Besuchsverbote verschärft

Doch eben weil die Corona-Zahlen im ganzen Land massiv ansteigen, werden die Regeln für Heime laufend verschärft. Seit der jüngsten Verordnung ist im ganzen Land nur noch ein Besucher oder eine Besucherin pro Heimbewohner oder -bewohnerin in der Woche erlaubt. Ausnahmen gibt es für Personen, die im Sterben liegen.

Einzelne Bundesländer und Träger sind noch strenger. So herrscht etwa in ganz Oberösterreich und Kärnten ein Besuchsverbot, auch die Senecura-Gruppe hat einen Besuchsstopp verhängt. Einzige Ausnahme ist der Besuch sterbender Menschen, Verwandte bekommen FFP2-Masken und werden mit einem Antigentest überprüft. Dasselbe gilt für Demenzkranke.

Auch in den Heimen der Landesgesundheitsagentur herrschen strengere Regeln. Da ist Besuch nur für jene möglich, die einen negativen Antigentest vorweisen können, der nicht älter als 24 Stunden alt ist, alternativ gilt auch ein PCR-Test, der maximal 48 Stunden zurückliegen darf. Wer weder das eine noch das andere hat, darf nicht hinein. Doch "gegen das Umgehen dieser Regelung können wir nichts machen, es kommt leider vor", sagt Bernd Janny, Sprecher der Landesgesundheitsagentur Niederösterreich. (Michael Matzenberger, Karin Pollack, Gabriele Scherndl, 19.11.2020)