Die Infektionszahlen in den Pflege- und Seniorenheimen steigen, die Verunsicherung ist groß, und eine große Frage wird immer drängender: Hätte man hier nicht früher reagieren und noch mehr tun sollen? Etwa laufende Testungen für Personal und Bewohner schon vor Wochen einführen?

Zu dieser Frage war Donnerstagfrüh die oberösterreichische Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) ins Ö1-Morgenjournal geladen. In Oberösterreich ist die Zahl der Infizierten momentan besonders hoch. Gerstorfer antwortete vor allem in eine Richtung: Der Bund hat die Tests erst jetzt geschickt; der Bund hat Testungen erst jetzt von uns verlangt. Auf die Bemerkung der Moderatorin, dass Pflege ja vor allem Länderkompetenz sei, kam wieder – der Verweis auf den Bund.

Die Infektionszahlen in den Pflege- und Seniorenheimen steigen.
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Das wirft die Frage auf, wo der von den Ländern sonst so vielgeliebte Föderalismus bleibt, wenn es gilt, Verantwortung zu übernehmen. Und es zeigt, dass man die Versäumnisse in der Pandemiebekämpfung nicht nur der Politik anlasten kann. Die Corona-Krise offenbart auch eine Krise der Verwaltung, in Bund und Ländern. Was hinderte die Gesundheitsbehörde in Oberösterreich, laufende Testungen in Heimen vorzunehmen, für die sie zuständig ist? Da muss man nicht warten, das kann man einfach tun.

Warten statt anpacken

Ein anderes Thema ist die Schulverwaltung. Es nützte wenig, dass der Bildungsminister versucht hat, einen sich sträubenden Bundeskanzler zu überzeugen, dass Schulschließungen der falsche Weg sind. Weil die Bildungsdirektionen die Monate davor nicht genutzt haben, um etwa Containerklassen anzuschaffen, FFP2-Masken zu verteilen, Schulcomputer aufzurüsten, Laptops mit zeitlich unbegrenzten WLAN-Guthaben auszustatten oder auch einfach nur Fenster zu reparieren, damit sie wieder geöffnet werden können. Auch hier: Statt darauf zu warten, was "der Bund vorgibt", wäre es Aufgabe der Schulbehörden gewesen, jede einzelne Schule durchzurufen, zu fragen, was sie braucht – und schnell und unbürokratisch zu helfen. Das ist vielerorts nicht passiert. Ähnliches hört man vom Pflegepersonal in den Spitälern, und so geht es weiter.

Routine kann die österreichische Verwaltung gut. Im Krisenfall geht es aber um Kreativität, Eigeninitiative und den Mut, Dinge anzupacken, statt zu warten, was sich entwickelt – auch auf die Gefahr hin, dass man ex post kritisiert wird.

Ist die Pandemie einmal besiegt, wird sich in Österreich vieles ändern müssen – nicht zuletzt unser Verständnis von guter Verwaltung. (Petra Stuiber, 20.11.2020)