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Nutzte sein Aussageverweigerungsrecht: Ex-Wirecard-Chef Markus Braun.

Foto: Reuters / Fabrizio Bensch

Es war schon klar. Markus Braun, der ehemalige Chef des Pleite-Konzerns Wirecard, würde nicht aus dem Augsburger Gefängnis anreisen, um im U-Ausschuss des Deutschen Bundestag komplett reinen Tisch zu machen. Also erklären, warum der Zahlungsdienstleister pleite ging, wer konkret betrogen hatte, ob er davon wusste und ob die Politik weggeschaut hat.

Er selbst sitzt ja in U-Haft und wartet auf seinen Prozess wegen des Verdachts des Bandenbetrugs, der Untreue und der Marktmanipulation. Ein Zeuge muss sich weder vor Gericht noch in einem Untersuchungsausschuss selbst belasten. Dennoch war der Auftritt Brauns im Bundestag vollkommen bizarr.

Kein Wort des Bedauerns

Unabhängig von der Frage, wer was wann und wie bei Wirecard angerichtet hat, es gibt ein paar unschöne Fakten: Millionen Anleger haben Geld verloren, die Jobs vieler Mitarbeiter sind weg. Ein Wort des Bedauerns wäre durchaus angebracht gewesen, vielleicht sogar eine Entschuldigung. Doch nichts davon kam dem Österreicher Braun über die Lippen.

Angewiesen von seinem Anwalt, berief er sich immer nur auf sein Aussageverweigerungsrecht, das aber immerhin in vielen Varianten. Das war zum Teil grotesk. So wollte Braun nicht mal so banale und harmlose Fragen wie nach dem Titel seiner Doktorarbeit beantworten. Was das mit dem Fall und seinem rund 1000 Mal bemühten Aussageverweigerungsrecht zu tun hat, blieb im Dunklen.

Die eigene Haut retten

Doch auch wer schweigt, sagt viel aus. Und so bleibt nach dieser Aussage ein verheerendes Bild: Da geht einer mit eiskaltem Kalkül vor und hat nur eines im Sinn: Seine eigene Haut zu retten. Der Rest ist egal. Und es schwingt eine Attitüde mit, die offenbar lange Zeit bei Wirecard galt: "Mir kann keiner was anhaben." Das jedoch ging dann ja irgendwann nicht mehr auf. Braun aber pokert im Ausschuss mit hohen Risiko. Er war sich sicher, nicht persönlich im Ausschuss erscheinen zu müssen und meinte, eine Aussage per Video würde ausreichen. Die Abgeordneten sahen das nicht so und bekamen vom Bundesgerichtshof Recht. Braun wurde nach Berlin gezwungen.

Nun meint er, er müsse überhaupt gar nichts sagen, um sich nicht selbst zu belasten. Auch das sehen die Abgeordneten anders. Sie meinen, auf viele Fragen hätte Braun antworten müssen, eine pauschale Verweigerung sei nicht zulässig. Für's Erste sind sie am stummen Zeugen gescheitert, Braun sprach einfach nicht. Aber er ist längst nicht aus dem Schneider. Denn es wird nicht sein letzter Auftritt vor dem U-Ausschuss gewesen sein. (Birgit Baumann, 19.11.2020)