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Sie sind wieder leer, unsere Büros. Sind wir deswegen digitalisierter?

Foto: Getty Images

Die Sexiest Jobs wurden und werden sie noch immer gern genannt, jene Tätigkeiten rund um Programmierung und Softwareentwicklung. Algorithmen, Cybersicherheit und Datenanalyse sind "the name of the game", also ist schon etwas dran. Dass ausschließlich "astronomische Gagen" gezahlt werden, stimmt so allerdings nicht:

Im Alter von 25 Jahren verdienen Softwareentwickler als Einstiegsgehalt in Österreich durchschnittlich 35.400 Euro brutto pro Jahr. Mit 30 Jahren liegen die Gehälter im Schnitt bei 52.300 Euro. Erfahrene Software-Developer über 40 Jahre können Gehälter von über 75.000 Euro brutto pro Jahr erzielen, immer je nach Fähigkeiten. Gutes Geld, allerdings für die meisten nicht "astronomisch". Fachliche Voraussetzung für den Einstieg in die Softwareentwicklung ist in erster Linie eine abgeschlossene IT-Ausbildung, meist HTL, FH oder Universität. Je nach Jobprofil sind besondere einschlägige Erfahrungen gefragt, wie etwa SQL und Datenbanken, Programmierung mit C++, C# und .NET, dynamische Sprachen (Perl, Python, Ruby), Windows- und Linux-Kenntnisse oder Web-Technologien (XML, HTML, Javascript, AJAX, REST), erklärt Gehaltsexperte Conrad Pramböck.

Du sollst alles können

Erfolgreiche Softwareentwickler verfügen zusätzlich, so Pramböck, zu ihrer technischen Erfahrung und der Fähigkeit zur Problemlösung auch über persönliche Kompetenzen, wie etwa Teamorientierung, Eigeninitiative, kommunikative Fähigkeiten und ein Verständnis für kaufmännische Prozesse. Vereinfacht gesagt, kommen jene Software-Developer in ihrer Karriere am meisten voran, die nicht nur gut mit Computern, sondern auch gut mit Menschen umgehen können.

Tatsache aktuell und für die nächste Zukunft ist jedenfalls: Es ist ein Bewerbermarkt. Wer kann, was Unternehmen brauchen, kann wählen. Laut dem Fachverband der Unternehmensberater und IT-Dienstleister mit 73.000 Mitgliedern fehlen bis zu 10.000 IT-Fachleute. Im aktuellen Infrastrukturreport sagt der Verband: 93 Prozent der heimischen Manager wünschen sich mehr Forschungs- und Entwicklungsförderungen für Digitalisierung in Unternehmen. 91 Prozent mahnen die Förderung der IT-Fachkräfteausbildung ein. 40 Prozent fordern, dass niemand das Schulsystem verlassen soll, ohne eine Programmiersprache erlernt zu haben. 88 Prozent der Befragten fordern, dass Österreich seine Cybersicherheitsaktivitäten verstärkt und noch enger koordiniert.

Sicherer Karriereweg

Wer grundsätzlich weiß, wie ein Computer funktioniert, und einen Einblick in die Grundlagen der Programmierung hat, sagt Informatikprofessorin Julia Neidhardt von der TU Wien, werde auch mit der kurzen Halbwertszeit des Wissens nicht sehr viele Probleme haben und sich immer gut weiterentwickeln können. Sie verspricht damit jungen Menschen, die einen solchen (Aus-) Bildungsweg einschlagen, relative Sicherheit.

Ob Corona tatsächlich den vielzitierten Digitalisierungsschub gebracht habe? Da sind sich Neidhardt und die Vizerektorin für Personal und Gender Anna Steiger an der Technik-Uni Wien einig: Nur weil viel mehr Arbeitende einen PC daheim haben und auf Zoom, Teams oder anderen digitalen Konferenztools miteinander reden, sei das noch keine Digitalisierung.

Steiger: "Dass wir alle unsere Methodenkompetenz im Umgang mit digitalen Tools verbessert haben, ist ein wichtiger Teil. Digitalisierung ist aber mehr, da geht es tief in die Organisation, in die Prozesse, in die Arbeitsgestaltung." Dass viele KMUs noch ganz am Anfang stehen, bestätigt Neidhardt, die auch als Gutachterin für die Wiener Wirtschaftsagentur tätig ist.

Alle Disziplinen ins Boot holen

Es sei eine gute Nachricht, dass der Schubs ins Virtuelle viele Ängste genommen habe im Umgang damit. Allerdings zeige sich doch klar, so die Vizerektorin, dass die dahinterliegenden Basiskompetenzen, die Kommunikationsfähigkeit und das Beziehungsmanagement jetzt gefragt seien.

Julia Neidhardt hat ein besonderes Anliegen mit der Initiative des digitalen Humanismus, dessen Ziel es ist, Technik an Menschen anzupassen, kritische Fragen zu sammeln und Gestaltungsbeiträge zu entwickeln. Da seien alle Disziplinen gefordert, da gehe es um Ethik, auch um politische Rahmenbedingungen. Eine aktuelle offene Lecture-Serie soll eine breite Beteiligung an diesem Prozess anregen. (Karin Bauer, 20.11.2020)