Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) wird nicht müde, die Vorteile der dualen Ausbildung sowohl für den Wirtschaftsstandort und die Unternehmen als auch für den Einstieg ins Berufsleben von Jugendlichen hervorzuheben. Auch wenn die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie am Lehrstellenmarkt stark spürbar sind und sich die Lehrstellensuche aktuell sehr schwierig gestaltet, sei es umso wichtiger, an der Modernisierung und Neugestaltung der Lehrlingsausbildung weiterzuarbeiten, so Schramböck. Laufend werden bestehende Lehrberufe entstaubt und an die wirtschaftlichen Anforderungen angepasst.

Der zunehmenden Digitalisierung wird dabei Rechnung getragen. Im Mai traten neue Ausbildungsordnungen für insgesamt 31 Lehrberufe in Kraft, die die digitalen Aspekte in der Ausbildung berücksichtigen. Zudem wurden zusätzlich zwei neue Ausbildungsprofile für Polizeiverwaltung und Eventmanagement geschaffen.

Distance-Learning

Doch nicht nur die Lehrpläne werden um digitale Inhalte erweitert, sondern auch der Theorieunterricht wechselte, wenn auch nur vorübergehend, ab 2. November von der Präsenzlehre in den virtuellen Raum. Ausnahmen gibt es an den Berufsschulen lediglich für den fachpraktischen Unterricht und den Unterricht im Labor. Dieser darf unter besonderen Hygiene- und Sicherheitsbestimmungen trotz Corona-Lockdown stattfinden. In Kleingruppen und in Räumlichkeiten, die groß genug sind, um einen Abstand von zwei Metern zu gewährleisten, kann mit Maskenpflicht der praktische Unterricht abgehalten werden.

Bild nicht mehr verfügbar.

Es klappt mit Digitalisierung und mit Lernen auf Distanz – aber nicht für alle und nicht überall.
Foto: Getty Images

Für Roland Teissl, Qualitätsmanager der Tiroler Fachberufsschulen, funktionieren diese Vorgaben gut. Denn schon im Frühjahr wurde in Tirol erhoben, ob alle Lehrlinge auch Möglichkeiten für Distance-Learning zu Hause haben. Bei knapp hundert Jugendlichen war das nicht der Fall. Ihnen wurden von der Arbeiterkammer Tirol und vom Land Tirol als Schulerhalter Endgeräte zur Verfügung gestellt. Gegenüber dem ersten Lockdown konnte man sich diesmal besser vorbereiten, sagt Teissl. Kommuniziert werde nur noch über eine gemeinsame Plattform. An vielen Klassen gebe es regelmäßige Feedbackrunden, die Lehrlinge werden im virtuellen Klassenzimmer betreut. Die Rückmeldungen seien durchwegs positiv, auch die Motivation der Lehrlinge sei gut. "Sie wollen ja auch den Lehrabschluss schaffen." Dennoch könne Distance-Learning langfristig den realen Unterricht nicht ersetzen.

Das macht es schwer

Ähnlich sieht das auch Max S., er ist im zweiten Lehrjahr zum Zerspanungstechniker. Er gehört in seiner Klasse zu den wenigen, die über einen eigenen Laptop verfügen. Dennoch komme die Internetübertragungsgeschwindigkeit an sein Limit, weil auch der Vater im Homeoffice arbeitet und die Schwester online studiert. Viele seiner Kollegen müssen sich aber den Computer mit den Geschwistern teilen und können nur über das Smartphone an den Unterrichtseinheiten teilnehmen, da sei erfolgreiches Distance-Learning eine größere Herausforderung. Unklar sei aber noch, wie Schularbeiten gemacht werden sollen, wenn kein Präsenzunterricht möglich sein sollte. In seiner Klasse sind insgesamt neun Lehrlinge, daher könne auch der fachpraktische Unterricht wie gewohnt stattfinden. Zum Glück, denn auch sein Ausbildungsbetrieb war zwei Monate in Kurzarbeit, und dadurch hat er viel praktische Übung verpasst. Und auch wenn die Lehrkräfte immer erreichbar sind, freue er sich schon, wenn das alles vorbei ist. "Auch wenn man sagt, man geht nicht gern in die Schule, so wollten wir das auch nicht."

Auch bei Claudia K. werde es zu keiner Verzögerung beim Lehrabschluss kommen. Sie ist im dritten Lehrjahr zur Tischlerin. Der praktische Unterricht findet geblockt statt, und die Schüler wurden in Kleingruppen eingeteilt. Auch wenn sie sich schon wieder auf den Präsenzunterricht freut, habe sie sich mit der Situation gut abgefunden, sagt sie.

Die Österreichische Gewerkschaftsjugend (ÖGJ) schlägt dennoch Alarm und fordert mehr Klarheit. (Gudrun Ostermann, 23.11.2020)