Ein Kerzen- und Blumenmeer schmückt einen der Tatorte in der Seitenstettengasse in der Wiener Innenstadt.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Wien – Der Senat zwei des Presserats hat am Donnerstag in einer Sondersitzung die 1500 Beschwerden zur Berichterstattung über den Terroranschlag in Wien behandelt. Er hat beschlossen, gegen mehrere Medien Verfahren wegen möglicher Verstöße gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse einzuleiten. Das teilte das Selbstkontrollorgan der Österreichischen Presse am Freitag in einer Aussendung mit. Mit so vielen Beschwerden gegen Medienberichterstattung war der Presserat noch nie in einer Causa konfrontiert.

Persönlichkeitsschutz der Opfer und Angehörigen

Geprüft würden insbesondere Videos, auf denen der Täter während der Tat zu sehen ist. Wie berichtet, gab es massive Kritik an oe24.tv sowie krone.at, die solche Videos veröffentlicht hatten. Auf zwei dieser Videos wurde festgehalten, wie ein Opfer erschossen bzw. wie ein Polizist niedergeschossen wird. Bei diesen beiden Videos stehen Fragen zum Persönlichkeitsschutz der Opfer und der Angehörigen im Fokus (Punkt 5 des Ehrenkodex). Der Senat werde zudem untersuchen, inwieweit die Veröffentlichung von Videomaterial unmittelbar nach dem Anschlag den Polizeieinsatz gefährden hätte können, heißt es.

Auch in weiteren Verfahren geht es laut Presserat um den Opferschutz, etwa in Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Fotos, auf denen Verletzte und Blutlachen nach dem Anschlag zu sehen sind.

Das Prozedere laut Presserat

Die betroffenen Medien werden die Einleitungsbeschlüsse in den nächsten Tagen erhalten; sie können innerhalb von zwei Wochen dazu schriftlich Stellung nehmen. Am 15.12. wird der Senat die Verhandlungen zu den Verfahren durchführen. Die betroffenen Medien können daran teilnehmen und haben noch einmal die Möglichkeit, sich zu äußern. Im Anschluss wird sich der Senat beraten und seine Entscheidungen treffen, die schriftlich an die Medien versendet und dann veröffentlicht werden. (red, 20.11.2020)