"Among Us" verknüpft so viele soziale Aspekte miteinander, dass es zum Multiplayer-Hit mutieren musste.

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2020 torpediert auch in seinen letzten Zügen gesellschaftliche Events. In Zeiten des Lockdowns sollte man nicht einmal die Familie treffen, geschweige denn Freunde. Gamer retten sich in virtuelle Welten, greifen zum Joypad und im Idealfall auch zum Headset. Der abendliche Chat mit Gleichgesinnten, während man Rennen fährt oder in Team-Shootern versucht, im Rang zu steigen, wird zur einzigen Möglichkeit in Zeiten sozialer Interaktion.

Zusammen questen

Wenn man schon in einer Gruppe von Spielern ist, hat man eigentlich schon gewonnen. Tagsüber scherzt man zusammen in einer Chatgruppe, schickt sich Memes und verabredet sich für den Abend, um gemeinsam ein paar Runden zu spielen. Oftmals steht das Spiel gar nicht so im Vordergrund, etwa bei GTA Online oder Among Us. Man nutzt die Zeit, um mit anderen zu plaudern, über den Tag, über die Situation. Man kann auch mal nichts sagen oder einfach das Spielgeschehen kommentieren und so Teil der Unterhaltung sein.

Bei "World of Warcraft" sind immer ausreichend Spieler online.
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Hat man keine Gamer im Umfeld, ist dem Medium aber nicht abgeneigt, lohnt sich der Sprung ins kalte Wasser. Etwa in MMORPGs wie World of Warcraft, wo man sich als regelmäßiger Spieler schnell einer Gilde anschließen kann, um dort Teil einer Gemeinschaft zu werden. Da verabredet man sich zu abendlichen Raids, wo besonders unangenehme Bosse gelegt werden – oder aber einfach zum gemeinsamen "Questen". Das Quatschen über das Spiel oder das eigene Leben kommt dann meist ganz von selbst.

Ähnliche Erfahrungen kann man mittlerweile auch in Mobile-Games wie Hay Day oder Clash Royale machen. Die Chats sind hier meist kürzer als bei PC-Spielen, aber auch hier findet man in der Regel schnell einen Clan, dem man sich anschließen kann. Das gemeinsame Rohstoffe-Farmen oder Clan-Ranking-Verbessern wird von den meisten Spielen dann auch in Form von Boni oder der Möglichkeit, sich gegenseitig zu helfen, belohnt.

Interaktives Fernsehen

Wer in diesen Zeiten wenig Lust hat, zum Controller beziehungsweise zur Maus zu greifen, der findet seit Jahren die Möglichkeit, anderen beim Spielen zuzusehen. Let's Player nennt sich der Berufszweig – solche spiele für ihre Community neue oder alte Games von vorne bis hinten durch. Dank interaktivem Chat kann man mit dem Host der Sendung plaudern, und viele davon, sofern sie nicht zu bekannt und damit die Fanbase zu groß ist, reagieren auch auf den Chat.

Luigikid Gaming

Auch einem der größten Gaming-Youtuber Österreichs, Rene "Luigikid" Wurz, hat die Community in den letzten Monaten geholfen. "Zwischen April und Juni habe ich täglich gestreamt und zusätzliche Events für die Community organisiert. So haben wir zum Beispiel Mario Kart zusammen gespielt. Das hat uns allen sehr geholfen, mit der Situation umgehen zu können. Aktuell tut es mir persönlich sehr gut, wenn ich mit Freunden Games wie Among Us oder Warzone spielen kann, um zumindest ein wenig das Gefühl zu haben, wir verbringen regelmäßig Zeit miteinander. Ich bin sehr dankbar, dass die technischen Möglichkeiten solche Interaktionen mittlerweile so einfach machen."

Zuversichtlich in Richtung 2021

World of Warcraft war in vielerlei Hinsicht für Community-Events ein Vorreiter. Man konnte Hochzeiten von Gilden-Mitgliedern beiwohnen, hat sich auch privat verabredet und mit Freunden auf der ganzen Welt im Spiel Silvester zelebriert. Das war noch zu einer Zeit, wo man eigentlich auch hätte im realen Leben feiern können, aber das zeigt nur die Bindung der Spieler zu den einzelnen Games.

2020 bekommen Spiele aufgrund der Umstände eine ganz neue Rolle. Nicht nur das Verabreden für eine lockere Runde zwischendurch oder das gemeinsame Legen eines Boss-Gegners steht im Vordergrund, sondern vor allem der Wunsch, mit anderen Leuten zu interagieren.

Es erinnert an die Zeit, wo man gemeinsam auf der Couch sitzen konnte und sich bei einem Tor in Fifa oder einem knappen Überholmanöver in Mario Kart gegenseitig anschreien und anlachen konnte. Es erinnert an die Zeit, wo man nicht überlegen musste, ob man zu Weihnachten die Familie treffen darf, um gemeinsam die neue Konsole aufbauen und ausprobieren zu können. Es ist unbestritten nicht dasselbe Gefühl, mit Leuten zu chatten oder mit ihnen in einem Raum zu sein. Berufstätige können das dank unzähliger Teams-/Zoom-/usw.-Chats sicher bestätigen. In der Kombination mit dem gemeinsamen Abtauchen in fremde oder auch bekannte Welten ergibt sich aber zumindest ein wohliges Gefühl, etwas gemeinsam zu erleben.

Überholmanöver in "Mario Kart" gehören noch immer zu den emotionalsten Momenten im Gaming.
Foto: Nintendo

Zu viel Zeit vor der Konsole, dem Smartphone oder dem PC zu verbringen ist nicht gesund. Unter den aktuellen Umständen für die Psyche aber vielleicht ein nicht zu unterschätzendes Gut. Der Mensch will zumeist von anderen Menschen umgeben sein. Covid-19 weiß das aktuell nur zu gut zu verhindern. Als Gamer oder Gaming-Interessierter gibt es aber dankenswerterweise ausreichend Möglichkeiten, der Einsamkeit entgegenzuwirken. (Alexander Amon, 22.11.2020)