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Der Premier des Bundesstaates South Australia, Steven Marshall, bei seiner Pressekonferenz.

Foto: Reuters / Stringer

"Zu sagen, dass ich wütend bin, wäre noch eine Untertreibung", sagte Steve Marshall, der Premier des australischen Bundesstaats South Australia, auf einer Pressekonferenz am Freitag. Ziel seines Zorns war ein in einer Pizzeria in Woodville angestellter Mann. Nachdem in dem Lokal Infektionen mit dem Coronavirus aufgetreten waren, belog der Mann die Contact-Tracer und meinte, er habe dort bloß eine Pizza abgeholt. Seine Anstellung in dem Lokal verschwieg er.

Lockdown wegen Lüge

Da er mit dem Coronavirus infiziert war, gingen die Behörden davon aus, dass er sich bei diesem kurzen Kontakt angesteckt hatte und es sich darum um einen hochansteckenden Virusstrang handeln müsse. Der ganze Bundesstaat ging daraufhin in einen harten, sechstägigen Lockdown. Zwei Tage dauerte dieser an – bis die Behörden die Wahrheit erfuhren und der Premier in einer Pressekonferenz das vorzeitige Ende des Lockdowns bekanntgab.

Die Pressekonferenz zum Nachsehen.
ABC News (Australia)

Australien verfolgt in der Bekämpfung der Pandemie einen strikten Ansatz mit harten Lockdowns. Melbourne, die Hauptstadt des benachbarten Bundesstaats Victoria, verhängte einen strengen viermonatigen Lockdown und verzeichnete in den drei Wochen seit dessen Ende keine Neuinfektionen mit dem Coronavirus. Zudem geraten immer wieder Einzelpersonen, die gegen Corona-Maßnahmen verstoßen, in den Fokus der medialen und allgemeinen Öffentlichkeit.

Mediale Beschämung

Der Name des Mannes, der die Behörden rund um den Pizzeria-Cluster in die Irre geführt hat, ist nicht bekannt – wohl aber der Name und die Adresse seines Arbeitsplatzes sowie seine Funktion dort. "Wir sind absolut erzürnt über die Taten dieses Individuums", sagte der Premier South Australias auf seiner Pressekonferenz. Der Mann habe schändlich und egoistisch gehandelt. Auf die Frage eines Reporters, ob die Pizzeria wegen des öffentlichen Zorns nun Schutzmaßnahmen brauche, antwortete der Premier: "Es gibt viele Dinge, die wir im Moment überlegen."

Ende Juli waren die Gesichter und Namen zweier junger, später mit dem Coronavirus infizierter Frauen veröffentlicht worden, die gegen die Einreisebeschränkungen zwischen einzelnen Bundesstaaten verstoßen hatten. "Enemies of the State", Staatsfeindinnen, betitelte die Zeitung "Daily Courier" ihren Bericht. "Dumm und Dümmer", schrieb ein anderes Blatt. Die Menschenrechtsgruppe Queensland Human Rights Commission kritisierte die Berichterstattung. In den Artikeln sei eine deutliche Doppelmoral zu erkennen gewesen, so eine Stellungnahme der Gruppe: Über weiße Personen, die gegen Corona-Maßnahmen verstießen, sei nicht so berichtet worden wie über die beiden Mädchen, die schwarz sind. "Wir können nicht zulassen, dass eine zweite Welle von durch Covid beeinflusster, rassistischer Feindseligkeit entsteht", mahnte Scott McDougall, der Vorsitzende der Menschenrechtsgruppe. (rio, 20.11.2020)